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U
nsere Burg – wildromantisches Gemäuer, anziehender Trümmerhaufen, Kleinod am Burgwaldrand oder trutzige Feste…

Eins ist sicher: Die das Dörfchen Mellnau überragende, weitgehend naturbelassene Burgruine ist wegen ihrer markanten Lage und ihrem mächtigen freistehenden Bergfried das Wahrzeichen des Ortes – und immer einen Besuch wert.

„Die Aussicht von der Höhe dieser Burg (…), dem Mittelpunkte vieler blutiger Fehden in der Vorzeit, ist wenn ein heiterer Himmel den Wanderer begünstigt und die Sonne die in seinem Gesichtskreis liegende Umgebung beleuchtet, höchst mannigfaltig und überraschend.“1

Mellnau selbst liegt malerisch am Fuß der Burg und am Rand des „Burchholzes“, so die alte Bezeichnung für den Burgwald. Der Ort ist damit das südliche Eingangstor zu einem der schönsten und größten Waldgebiete Deutschlands mit prämierten Wander-Wegen, einer einzigartigen Flora und Fauna sowie herrlichen Aussichten.

Im Jahr 1263 findet die Burg Elenhouch im Friedensvertrag von Langsdorf ihre erste urkundliche Erwähnung. Hier einigen sich Landgräfin Sophie und ihr Sohn Heinrich von Thüringen mit dem Mainzer Erzbischof Werner darauf, dass die Burg Mellnau im Besitz der Mainzer Kirche verbleibt; die Einkünfte der Vogtei Wetter und alle Nutzungen des Burgwaldes zur Hälfte dem Landgrafen; zur Hälfte dem Erzstift Mainz zustehen.

Es findet sich kein konkreterer Hinweis auf den Baubeginn. Die Suche nach Bau- und den ersten Burgherren verläuft sich im Dunkel der mittelalterlichen Geschichte von der Entstehung der Landesherrschaften und des anhaltenden Konfliktes zwischen Kaiser und Papst.

Festzuhalten ist, dass die Errichtung der Burg durch die mit der Territorialisierung der geistlichen und weltlichen Fürstentümer bedingten Konflikte begründet ist und dass die Mellnauer Burg bereits in ihren ersten Jahren eine wichtige Rolle spielte.

„Anno 1248 erbaute Erzbischof Siegfried III. von Mainz Burg Elenhouch zur Behauptung seiner Herrschaft in dieser Gegend“, ist auf der Tafel über dem alten Eingangstor der Burg zu lesen.

Tatsächlich deutet nicht nur der Fund einer in Wetter im Jahre 1248/ 49 geprägten Münze auf die Bauherrschaft des als streitlustigen „Königsmacher“ bekannten Kirchenfürsten.

Aber ungeachtet der Tatsache, dass unsere Burg einige Jahre älter ist und bereits in den Auseinandersetzungen zwischen den hessisch-thüringischen Landgrafen und den Mainzer Erzbischöfen eine bedeutende Rolle spielte, möchten wir im Jahr 2013 mit Ihnen feiern.

In den dem Friedensvertrag nachfolgenden Jahren trat die wehrhafte Höhenburg Mellnau als strategischer Stützpunkt und Zankapfel der jeweiligen Landesherren in Erscheinung. In den Regesten der Mainzer Bischöfe und der hessischen Landgrafen wird die Burg mal als trutzige Feste mal als ein Raubritternest beschrieben. Sicher ist, dass unsere Burg eine wechselhafte und abenteuerliche Geschichte erlebte.

In einigen Berichten ist zu lesen, dass die Burg nach und nach in einen Dornröschen-Schlaf sank und verfiel. Tatsächlich aber verfügte der Kaiser nach dem von Landgraf Philipp verlorenem Schmalkaldischen Krieg Friedensbedingungen von 1547, dass die Festung zu „demolieren und rasieren“ sei.

In den der Schleifung nachfolgenden Jahres verlor die Burg an Bedeutung und nur die ursprünglich vom Mainzer Erzbischof für Ritterdienste verliehenen Burglehen wurden weiter vererbt und erinnerten in den jeweiligen Erbvergleichen und Lehensbekundungen für „treue Burgmannendienste“ noch an die stolze Vergangenheit.

Die Burg selbst geriet fast in Vergessenheit: „Item das Schloss heißt nicht Melnaw, Ellnhoch ist sein rechter Name. Es liegt nicht weit von Wetter hat von einer Seite einen fasst hohen Berg, das Schloss ist nun wüste, hat noch einen hübschen Turm, auf die alte Manier gebaut.“2

Der letzte bekannte Bewohner der Burg war Otto Jakob Arndt. Der aus Witzenhausen stammende obdachlose Lumpensammler, lebte hier mietfrei mit seiner Familie, hütete seine wenigen Ziegen und legte im Innern der Burg und um die Burg herum kleine Gärtchen an.

1858 beschreibt der Mellnauer Schullehrer Röser in einem Brief an den Historischen Verein zu Marburg:

„Die Ruine Mellnau liegt auf der Spitze eines vom Burgwald vorgeschobenen einzelnen Berges. Die Ringmauer der Burg umschließt einen etliche Fuß hohen runden Turm von Quadersteinen in sich ein. Innerhalb der Ringmauer ist ein schöner Gemüsegarten mit Obstbäumen. Hier ist eine überaus schöne Aussicht, deshalb auch viel besucht. Fast das ganze Jahr wird der Turm von Turmfalken, Dohlen und Raben bewohnt, weshalb man auch die beiden letzteren in der Umgebung `Mellnauer Hühner´nennt!“

Mit dieser ersten im Wortsinn romantischen Beschreibung erfuhr die Burg einen bis heute reichenden Bedeutungswandel. Sie wird nicht länger nur wüst und leer oder als ein Haufen von Quadersteinen und Trümmern wahrgenommen, – die für den Bau von Häusern und Ställen dienen.

Die Burg wird zum Wahrzeichen in der Region; gewinnt als historisch bedeutendes Baudenkmal und wegen ihrer einzigartigen Aussicht Anerkennung.

Mit der Gründung des Heimat- und Verkehrsvereins im Jahre 1957 fanden sich in Mellnau außergewöhnlich engagierte Menschen zusammen, die es sich zur Aufgabe machten, die Burg zu erhalten.

In über 50 Jahren andauernder mühevoller – und oft an mittelalterliche Frondienste erinnernde – Handarbeit wurden nach und nach Jahrhunderte lang verschüttete Grundmauern und Kellergewölbe freigelegt, Turm und Mauern gesichert und nach Möglichkeit instandgesetzt, Bänke aufgestellt und das Gelände gepflegt.

Seit dem Jahreswechsel 2007/ 2008 ist die Burgruine wieder über den nordöstlichen Zugang durch die Schildmauer zu betreten. Eine Rampe hinauf und über wenige Sandsteinstufen gelangt man am Bergfried vorbei in den Innenhof der Burg – und kann hier das Panorama genießen – oder im Schatten der Burgmauer in der Kuckucks-Hütte einkehren.

Ebenfalls im gleichen Jahr wurden neue Beleuchtungen installiert, die unsere Burg als weithin sichtbares Wahrzeichen erstrahlen lassen.

Wer abends an der Burg die noch immer dort lebenden Falken einfliegt, genau hinschaut und für unsere Region typische Tiere und Pflanzen entdeckt, weiß dass sich die Anstrengungen lohnen und dass es bisher gelungen und weiterhin wichtige Aufgabe ist, die so oft als wildromantisch beschriebene Atmosphäre zu erhalten.

Autor: Peter Engel

  1. Dr. Karl Wilhelm Justi, Marburg 1838, Die Vorzeit, Die Burg Mellnau in Wetter, in der kurfürstlichen Provinz Oberhessen
  2. Aus einer Chronik nach Nebelthau ZHG 7, S. 330

M
ellnau met der trutzigen Veste,
schmuckes Dorf, des Burgwalds Tor,
Ziel der Wanderer, fremder Gäste,
dir mein Glückwunsch! Gruß zuvor.
Dir ward erster Preis beschieden,
was hot dir den eangebrocht?
Eas die Rouh häi ean der Frieden,
däi dir den hun zougedocht?

Seis dai blanke Stroße, Gasse?
Jede Hobrät schmuck ean ree,
Blomegärte, däis eanfasse,
Blome of alle Fenster stieh.
Sei es dei freundliche Insasse,
deß mr häi so heimisch weilt,
derbe, biedere Kurhesse,
doch nit grob ean ugefeilt.

Alles Lob dem Brauch, dem schine,
der aus Heimatlieb geborn,
Dörfer met em Preis ze kröne,
däi als schinste auserkorn.
Schwer, vo dem doas rauszefeanne,
dem sei Hemetdorf sei Welt,
wu sei schine Jugendzeit verronne
ean er nur vir ds schinste hält.

von Heinrich Bastian

U
m die Burg selbst hatte sich seit ihrer Zerstörung über 100 Jahre lang – bis um 1700 – niemand mehr gekümmert. Sie war nur noch eine verfallende Ruine, anscheinend ohne Wert und Bedeutung. Was sich an brauchbarem Material – Holz und Steinen – noch darin befand, mögen die Mellnauer Bauern im Laufe der Zeit für ihren Haus- und Wegebau entfernt und verwandt haben. Das Innere und die Umgebung der Burg war wüst und unbenutzt. Das später verschüttete Burgverlies unter dem Turm war damals noch offen, und nur die Kellerräume waren noch einigermaßen erhalten1.

In ihnen richtete sich ums Jahr 1700 der Lumpensammler Otto Jakob Arndt, „ein armer Mann von Witzenhausen“, in Ermangelung eines anderen Obdachs häuslich ein. Über 20 Jahre lebte er dort oben mit seiner Familie und machte sogar das Gelände in und um die Burg urbar, wobei er auch auf viele alte Gebeine stieß2 (der äußere Burggarten war vermutlich der ritterliche Totenhof gewesen). Nachdem er so „viele Jahre zu Mellnau auf der dasigen verwüsteten Burg gewohnet und daselbst gestorben“, wurde er am 24. 7. 1728 selber bei der Kirche beerdigt3. – Er muß ein Gemütsmensch gewesen sein, dieser Otto Jakob Arndt, denn er machte aus seiner Armut eine Tugend und bewohnte, ohne Miete zu zahlen, einen der herrlichsten Plätze, die diese Erde zu vergeben hat. Damit ging er in die Geschichte der Burg ein. Er war ihr letzter Bewohner und zugleich der Künder einer neuen Zeit4.

Mellnau um 1838

Mellnau um 1838

Denn damit begann — zunächst ganz unbemerkt — ein völlig neuer Abschnitt in der Geschichte der Burg: Sie wurde ein Gegenstand der Kultur: Zunächst einfach der landwirtschaftlichen Kultur. Denn die von dem Lumpensammler im Innern der Burg und um die Burg herum angelegten Gärtchen wurden im Zuge der 1724 erfolgten ersten Landesvermessung in den hiesigen Gemeinden von den vereidigten Landmessern mit vermessen, in die Karten und Kataster eingetragen und sodann als „Gnädigster Herrschaft gehörig“ gegen billigen Jahreszins an Mellnauer Einwohner verliehen, die seitdem darin Obstbäume pflanzten sowie Gras und Gemüse zogen. Dabei wurden naturgemäß jeweils nur die Gartenstücke, eins in der Burg und eins bei der Burg, in Leihe gegeben, während die steinerne Ruine der Burg als mehr oder weniger wertloses Zubehör galt und behandelt wurde, auf dem die Kinder herumkletterten und die Vögel nisteten.

So konnte denn die „Spezialbeschreibung der Dorfschaft Mellnau Amts Wetter“ von 13845 berichten: „Herrschaftliche steuerfreie Güter – dergleichen finden sich in und außerhalb des Dorfs weiter keine, als ein Gnädigster Herrschaft zustehendes altes zerfallenes Schloß, wovon die Rudera, welche in Mauren und einem Thurm bestehen, noch vorhanden, der Platz aber zu 7/16 zu Garten gemacht und alljährlich an hiesige Einwohner für 13 Albus verpachtet wird“. Damals bestand das Dorf aus 47 Häusern, außer Schulhaus und Kirche (bei der Burg). Als bald darauf der Beisitzer Johannes Noll das Haus Nr. 48 – unterhalb der heutigen Burggaststätte – erbaute, übernahm er die beiden Gärtchen „bei dem verfallenen Bergschloß, die Burg genannt“ in dauernde Pacht. Der spätere Besitzer, Johannes Heldmann, übernahm sie ab 1831 sogar in Erbleihe (Erbpacht)6, gegen Zahlung einer Anerkennungsgebühr („Laudemium“) von 1 Reichstaler, und sollte alle 9 Jahre einen Leihebrief darüber lösen; im übrigen zahlte er 6 Silbergroschen Erbleihezins jährlich und die gewöhnlichen Steuern an die „Gnädigste Herrschaft“. Indessen kaufte er im Juli 1837 beide Burggärten für eine geringe Summe vom Staate zu Eigentum, das nach seinem Tode 1845 auf seine Witwe überging7. Sie verkaufte 1853 das ganze Anwesen einschließlich der beiden Burggärten an die Eheleute Johannes Scherer und Frau aus Ockershausen8. Bei alledem war von der Burg selbst gar nicht mehr die Rede, sie wurde von den vermessenen Gartenstücken mit umfaßt und ging jeweils stillschweigend auf den Erwerber mit über, während sich der Staat als Nachfolger der „Gnädigsten Herrschaft“ (des Landgrafen) nicht mehr darum kümmerte. Nur der umliegende „Schloßberg“ wurde etwa 10 Jahre später noch als fiskalisches Eigentum neu vermessen und eingetragen9.

Einen schönen Eindruck von dem damaligen Zustand vermittelt der Bericht des Mellnauer Schullehrers Röser vom Jahre 1858 an den Historischen Verein zu Marburg:10 „Die Ruine Mellnau liegt auf der Spitze eines vom Burgwald vorgeschobenen einzelnen Berges. Die Ringmauer der Burg umschließt einen etliche Fuß hohen runden Turm von Quadersteinen in sich ein. Innerhalb der Ringmauer ist ein schöner Gemüsegarten mit Obstbäumen. Hier ist eine überaus schöne Aussicht, deshalb auch viel besucht. Fast das ganze Jahr wird der Turm von Turmfalken, Dohlen und Raben bewohnt, weshalb man auch die beiden letzteren in der Umgegend „Mellnauer Hühner“ nennt“.

Um diese Zeit — es war das Jahrhundert der Romantik — erinnerte sich der junge Baron Louis Milchling von und zu Schönstadt (1841-1896), Sohn des gleichnamigen hessischen Forstjunkers daselbst und einziger männlicher Nachkomme seines Geschlechts, der Burg, auf der einst seine Ahnen „als Burgmannen die Rechte der erzbischöflichen Kirche gegen die hessischen Landgrafen verteidigt hatten“11. Inzwischen hatten historische Schriftsteller wie Justi und Landau die wichtigsten Daten aus der Geschichte der Burg zusammengetragen und ihr bemerkenswerte Abschnitte in ihren Werken gewidmet. Der Baron erkundigte sich deshalb nach den Besitzverhältnissen und kaufte kurz nach seiner Hochzeit am 20. Mai 1865 der Witwe des Johannes Scherer die beiden „Gärten bei dem verfallenen Bergschloß, die Burg genannt“, für 150 Taler ab und tilgte die Kaufschuld im Laufe der nächsten 10 Jahre12. Da die vermessenen Parzellen zugleich die Burg selbst umfaßten, war er seitdem auch Eigentümer der Burg.

Die Burg Mellnau um 1896

Und damit begann – wiederum kaum bemerkt – der letzte Abschnitt in der Entwicklung der Burg: Sie wurde ein Gegenstand unserer geschichtlichen Kultur! Auch nachdem der Baron Louis Milchling von Schönstadt im Jahre 1890 das Erbgut seiner Väter zu Schönstadt an den Bankherren Lucius aus Frankfurt verkaufte und mit seiner Familie auf das ererbte Weingut seiner Frau bei Leimen in Baden verzog, blieb er Besitzer der „Burgruine Mellnau“ und als solcher Mitglied der Vereinigung der Althessischen Ritterschaft13. Als solche kamen er und seine 3 Söhne, von denen 2 dann preußische Offiziere wurden, bis zum ersten Weltkrieg auch noch wiederholt auf das Gut ihrer Väter zurück und pflegten dann mit einem 6spännigen Wagen auf der historischen Landstraße von Schönstadt über Oberrosphe nach Mellnau auf die Burg zu fahren, wo sie die Schönheit des Ortes ebenso wie die Erinnerung an die Zeit ihrer ritterlichen Ahnen genossen. Es war ein Schauspiel wie vor Jahrhunderten für die Bewohner der benachbarten Dörfer, wovon die älteren Einwohner noch heute gern erzählen, und es rief die einstige Bedeutung der Stätte wieder in das Gedächtnis zurück.

Indessen starben 2 Söhne des Barons schon vor dem ersten Weltkrieg, und am Ende des Krieges kehrte der dritte, der preußische Oberst Georg Dietrich Milchling von Schönstadt, als letzter Erbe seines Geschlechts offenbar verarmt zurück. Am 21. 7. 1920 verkaufte er deshalb „sein Grundvermögen in Mellnau, wozu auch die Burg gehört“, für 10 000 Mark an den königlich-preußischen Rittmeister und Kammerherrn Rudolf Schutzbar-Milchling zu Hohenhaus bei Eschwege14, den Erben eines anderen althessischen Rittergeschlechts, und für diesen wurde das Eigentum am 23. 11. 1920 eingetragen15. Die Schutzbar-Milchling waren zwar ein „stammverwandtes“, aber doch seit 700 Jahren ganz anderes Geschlecht. Der gemeinsame Stammvater lebte um 1250; er starb, als die Burg Mellnau noch kaum erbaut war. Und der gemeinsame Beiname „Milchling“ stammte damals nur von einem gemeinsamen Onkel, dem Ritter Konrad Milchling von Nordeck, der ein Vorkämpfer der thüringisch-hessischen Landgrafen gegen die Erzbischöfe von Mainz gewesen war. Vielleicht lag dem jetzigen Erwerb der Burg Mellnau durch die Schutzbar-Milchlinge die irrige Annahme zugrunde, daß ihre Vorfahren im Mittelalter ebenfalls als Burgmannen auf Schloß Elnhog gedient hätten. In Wirklichkeit waren sie nie dort gewesen; sie standen vielmehr fast immer nur in hessischen Diensten. Und auch der einzige Mellnauer Burgmann dieses Namens, der Ritter Dietrich Schutzbar von Michelbach (1271-1299), war ein Bruder des ersten Konrad Milchling von Michelbach bzw. Schönstadt, er trug den Beinamen Schutzbar nur als Patennamen. Seitdem hatten beide Geschlechter kaum noch etwas miteinander gemein gehabt. — Als der Kammerherr Rudolf Schutzbar-Milchling 1935 starb, hatte er seinen Besitz an der Burg Mellnau, der kaum bekannt geworden war, auch in seinem Testament gar nicht erwähnt. So kam es, daß danach nicht einmal seine Erben (die noch in Kassel leben) von ihrem Eigentum an der Burg etwas wußten. — Am 6. 9. 1937 verschied auch der Baron Dietrich Milchling von Schönstadt und wurde in dem Erbbegräbnis seiner Familie im Wald bei Schönstadt feierlich bestattet. Mit ihm starb der letzte männliche Nachkomme eines alten Mellnauer Burgmannengeschlechts, nachdem insbesondere die von Fleckenbühl bereits 1796 im Mannesstamm ausgestorben war.

So war nun die Burg nicht nur bei ihren alten Oberherren, den Erzbischöfen und den Landgrafen, sondern auch bei ihren neuen Eigentümern fast in Vergessenheit geraten. Um so bekanter war sie allen hessischen Geschichts- und Wanderfreunden, die sich seit Jahrzehnten bemühten, ihrem langsamen Verfall Einhalt zu tun und die Ruine als historisches Denkmal wie als hervorragenden Zielpunkt in der Landschaft zu erhalten. Aus diesem Grunde hatte schon vor 30 Jahren zunächst der Hessisch-Waldeckische Gebirgsverein die Burgstätte gepachtet; jedoch führten seine damaligen Bestrebungen zu keinem Erfolg, so daß ihr Schicksal besiegelt schien16.

Da nahmen sich endlich die Bewohner des Dorfes Mellnau selbst ihrer ehrwürdigen, verfallenden Burgruine an, und zwar die Nachkommen der alten einheimischen Bauernfamilien ebenso wie die tatkräftigen Neubürger des Ortes aus dem deutschen Osten. Im Jahre 1957 gründeten sie einen „Heimat- und Verkehrsverein“, der es unternahm, die beinah unzugänglich gewordene Ruine als historisch bedeutsames Baudenkmal mit allen Mitteln zu erhalten und zugleich für die Gegenwart lebendig auszugestalten17. Von einem frischen heimatgeschichtlichen Geist beseelt und für die heutige Wirklichkeit aufgeschlossen, gingen sie mutig wie die alten Ritter ans Werk: Die einen machten die letzten bekannten Eigentümer und ihre Erben ausfindig und schlossen mit ihnen gegen geringe Vergütung einen langjährigen Pachtvertrag (jetzt wieder weniger über die Gärten als über die historische Stätte!), der es ihnen ermöglichte, die Ruine rechtmäßig in Besitz zu nehmen. Zugleich warben sie bei Behörden und öffentlichen Stellen bis weit über die Grenzen des Landes hinaus, für ein neues Interesse an der Burg und für ihren Versuch, sie zu einer Stätte der Besinnung und Erholung zu machen. Die andern begannen sogleich, im Wege der Selbsthilfe im Innern des wüsten Burghofes aufzuräumen und zu graben, um dort das Alte wieder freizulegen und Neues zu gestalten. In einem ersten Bauabschnitt im Jahre 1958 legten sie jahrhundertelang verschüttete Grundmauern der ehemaligen Burggebäude frei, gruben das Kellergewölbe wieder aus, das noch der Lumpensammler vor 250 Jahren bewohnt hatte, statteten den Burghof im übrigen mit gärtnerischen Anlagen und Ruheplätzen aus und gestalteten vor dem gewaltigen Turm eine Naturbühne“18, auf der zum Abschluß dieser Arbeiten am 21./22. 6. 1958 ein eindrucksvolles Heimatfest der ganzen Bevölkerung begangen werden konnte. Im Mittelpunkt standen die Aufführungen eines Festspiels „Burg des Friedens“ durch eine örtliche Laienspielgruppe, Darbietungen des örtlichen Gesangvereins und einer Volkstanzgruppe von rheinischen Gästen, ein abendlicher Fackelzug vom „Unterdorf“ zur Burg sowie ein nächtliches Feuerwerk. Die Absicht, das Interesse einer weiteren Öffentlichkeit für die Pläne zu wecken, gelang um so mehr, als dabei erstmals auch wieder ein Vertreter des Staates, der sich seit über 100 Jahren nicht mehr darum gekümmert hatte, der hessische Innenminister Heinrich Schneider, in der Burg anwesend war und Unterstützung versprach19.

Nach längeren Bemühungen konnten mit staatlicher und kommunaler Hilfe 1961 die Herstellungsarbeiten fortgesetzt werden. Diesmal wurden unter Heranziehung von örtlichen Fachkräften vor allem die beschädigten, über 2 m dicken Außenmauern instandgesetzt, befestigt und teilweise neu hochgezogen. Gleichzeitig stiftete ein Mellnauer Bürger eine Scheinwerferanlage, die es ermöglicht, durch abendliche Beleuchtung das Bild der Burg auch im Dunkeln weit über das Land hinaus zu strahlen. Auch diese Arbeiten wurden mit einem kleinen Richtfest abgeschlossen, bei dem – als Nachfolger der ehemaligen Amtmänner von Mellnau – der Marburger Landrat Eckel anwesend war, der als Freund der Burg ihre Erneuerung nicht weniger fördert20.

In einem weiteren Bauabschnitt soll nunmehr im Jahre 1963, mit Hilfe zahlreicher Spenden von vielen Seiten, auch der alte Bergfried mit seinem 3-4 m starken und 15 m hohen Gemäuer wiederhergestellt, gesichert und als Aussichtsturm besteigbar gemacht werden. Diese Bemühungen um die Erhaltung und Verschönerung der alten Feste Elnhog werden ergänzt durch die Beteiligung der ganzen Gemeinde an dem öffentlichen Wettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“, aus dem sie – nicht zuletzt dank der unvergleichlichen Lage des Ortes an dem Berge, den die Burgruine krönt, – bereits wiederholt als Sieger hervorging. Nunmehr sollen diese Arbeiten abgeschlossen werden mit dem Jubiläumsfest von 22./24. 6. 1963, 700 Jahre nach der ersten urkundlichen Nennung der „Burg Elenhouch“, das den Namen dieser einmaligen Stätte noch weiter über die Grenzen des Hessenlandes hinaustragen wird21.

Die Krönung des Gesamtwerkes aber mag schließlich die geplante Schaffung des Naturschutzgebietes Burgwald sein, dessen Mittelpunkt eben wieder die Burg Mellnau ist, deren Geschichte durch die Jahrhunderte nachzuspüren dem Verfasser eine Freude war22.

 

  1. Landau, G., Ritterburgen 4, S. 176.
  2. Landau, G., a. a. O.; Sangmeister, E., a. a. O., S. 27.
  3. Eintragung im Totenregister des reformierten Kirchenbuches v. Münch¬hausen.
  4. Die Annahme v. Sangmeister, E., a. a. O., S. 28, die bekannte „Lumpenbuche“ im Burgwald – mitten zw. Wetter und Rosenthal – sei nach ihm benannt, beruht auf einer Verwechslung: Sie ist erst 200 Jahre alt – Ausk. v. Obf. Schmidt, Oberrosphe – und heißt nicht nach jenem harmlosen Manne, sondern nach der „Lumpensammler-Bande“, die 100 Jahre später, von 1806-1812, die Dörfer d. Burgwaldes unsicher machte; vgl. v. Hanstein, Anklageurkunde gegen die Lumpensammler¬Bande usw., gedruckt Marburg 1813 (in StAM), Bettenhäuser, Räuber- u. Gaunerbanden in Hessen, in Hessenland-Beil. d. OP 1962, F. 5.
  5. Lager-; Stück- und Steuerbuch, in StAM, Bd. 1, dazu Bd. 3, Fol. 720, und Flurkarte Mellnau v. 1724, T. A., Nr. 17/18.
  6. Lagerbuch, a. a. O., Bd. 3, Fol. 690; Gen. Währschafts- u. Hypothekenbuch v. Mellnau, Bd. 1, Bl. 130.
  7. Lagerbuch, Bd. 3, Fol. 721; Währschaftsb. Bd. 1, BL 130.
  8. Lagerbuch, Bd. 3, Fol. 690; Gen. Währschaftsb. Bd. 2, Bl. 136.
  9. Lagerbuch, Bd. 1, Bl. lla.
  10. StAM, H 3, Nr. 76 (Amt Wetter).
  11. Schäfer, K. H., Ortschaften, S. 27; danach Aufschrift auf der jetzt in d. Burg aufgehängten Wappentafel.
  12. Lagerbuch, Bd. 3, Bl. 756; Gen. Währschaftsbuch, Bd. 1, Bl. 136 u. Bd. 3, Bl. 91; 1890 umgeschr. n. Grundbuch v. Melln. Art. 152 (als „Hofraum u. Garten“, Parz. 135-139.
  13. V. Dachenhausen, Genealogisches Handbuch d. Uradels, Bd. 2, 1893, S. 392; u. Jahrb. d. dtsch. Adels, Bd. 3, 1899, S. 274.
  14. Grundakten Art. 152 (geschl.) v. Mellnau, Bl. 1, 36 ff., 44.
  15. Umgeschr. nach Grundb. Bl. 333 v. Mellnau, Nr. 1.
  16. Vgl. Hopf, W., Deutscher Burgenkalender 1934, S. 14 u. 37.
  17. Ohne vollständig zu sein, seien hier die Namen seiner Gründer und langjährigen führenden Mitglieder festgehalten: Lehrer Manfred Isenberg, 1. Vorsitzender; Max Tittel, Inhaber d. Burg-Gaststätte, 2. Vorsitzender; Horst Ruffert u. Stephan Boßhammer, Schriftführer; Heinrich Belzer u. Karl Klingelhöfer, Kassierer; alle zu Mellnau.
  18. Als tatkräftige Mithelfer dabei werden genannt: Heinrich Muth, Heinrich Busch, Erwin Nickel u. Heinrich Klingelhöfer, alle zu Mellnau. – Vgl. auch Eckhardt, W. A., in Hist. Stätten, Bd. 4, S. 301.
  19. Vgl. die Berichte in d. Oberh. Presse (OP) v. 3. 4. 1958 (Nr. 79, 5.19), v. 20. 6. 1958 (Nr. 139, S. 5), u. v. 23. 6. 1958 (Nr. 141, s. 8), mit Zeichnungen und Aufnahmen von O. Brinckmann.
  20. Vgl. die Berichte in d. OP v. 15. 7. und 4. 9. 1960, v. 24. 1., 15. 7. und 4.10. 1961, mit Aufnahmen v. Eifert.
  21. Vgl. Berichte d. OP v. 7.2. 1962, mit Zeichnungen von O. Brinckmann.
  22. Denn der Verfasser wurde eben vor 50 Jahren im Anblick der Burg Mellnau geboren und hat seitdem viele Stunden seiner Jugend und seiner reifen Jahre hier verbracht, wenn er auch „kein Kuckuck“ ist.

I
n den folgenden Jahrhunderten finden sich nur noch wenige Nachrichten von der Burg Mellnau. Als letzte Amtmänner wohnten in ihr von 1501-1510 Herr Groppe von Fleckenbühl, genannt von Bürgeln, Hofgerichtsassessor in Marburg und ehemaliger Hof- und Küchenmeister des Landgrafen, mit seiner Frau Anna von Wildungen und ihren 9 Kindern (7 Söhnen und 2 Töchtern)1, und anschließend bis um 1515 sein Schwiegersohn (Ehemann seiner jüngsten Tochter Margarete) Johann von Hatzfeld-Wildenberg, der mit dem sonstigen Fleckenbühler Erbe, besonders dem Stammgut bei Schönstadt, 1515 auch den Fleckenbühler Hof zu Mellnau und das Mellnauer Erbburglehen von jährlich 10 Pfund Heller übernahm2. – Danach wurden von den Landgrafen keine Amtmänner mehr eingesetzt, sondern nur noch Rentmeister, die – schon seit 1474 – in Wetter wohnten3. Die Landgrafen betrachteten sich praktisch schon nicht mehr als bloße Pfandherren sondern als Eigentümer der Burg. Im Jahre 1520 protestierte der damalige Erzbischof von Mainz, Kardinal Albrecht, noch einmal öffentlich dagegen, daß der junge Landgraf Philipp die Mainzer Pfandschaften, darunter auch das Schloß Mellnau und die Stadt Wetter, im Zusammenhang mit seiner hessisch-sächsischen Erbverbrüderung offenbar als sein Eigentum betrachtete4. Das hinderte indessen den Landgrafen nicht, 1526 – ebenso wie in Wetter – auch in der ehemaligen Schloßkapelle von Mellnau als bloßer Pfandherr die evangelische Lehre einzuführen, ohne Rücksicht darauf, daß der Mainzer Erzbischof noch der Oberherr von Schloß und Dorf Mellnau und damit auch des Kirchleins war5. Schon 1527 predigte darin der etwa 30jährige bisherige Stiftspriester und nunmehrige Diakon zu Wetter, Johannes Hörle aus Frankenberg, im Auftrag des Landgrafen als erster evangelischer Pfarrer6. – Bei seinen zahlreichen Jagden im Burgwald hielt allerdings auch er sich nicht zu Mellnau, sondern regelmäßig im Schloß Rauschenberg oder Wolkersdorf7, das erst 1477 völlig neu gebaut worden war8, auf.

Nach Plitt’s „Nachrichten von der Stadt Wetter“9 fiel das Schloß Mellnau unter die Festungen des Landes Hessen, welche nach Landgraf Philipps verlorenem Schmalkaldischen Kriege von 1547 auf Grund der Friedensbedingungen des Kaisers „demoliert werden“ mußten; demgemäß sollen dann die letzten militärischen Anlagen des Schlosses „rasieret“ worden sein. Erst seitdem verfiel die Burg, – nicht, wie man oft meint, schon bald nach 146410, denn danach wurde das Schloß ja noch 50 Jahre lang von den fürstlichen Amtmännern mit ihren Familien als ständiger Verwaltungssitz bewohnt! – In den Jahren 1549-1552 mußte der in Flandern gefangene Landgraf ferner auf Grund eines kaiserlichen Urteils vom 3. 8. 1548 im Erbfolgestreit mit seinen Verwandten Mellnau samt den Ämtern Battenberg, Rosenthal und Wetter an den Grafen Wilhelm den Reichen von Nassau abtreten und ausliefern; es kam jedoch alsbald durch einen Handstreich seines Sohnes tatsächlich und nach Philipps Rückkehr 1557 durch Vergleich auch rechtlich wieder in seinen Besitz11.

Durch den Vertrag zu Merlau vom 8. 9. 1583, in welchem der Erzbischof von Mainz schließlich gegenüber dem Landgrafen für alle Zukunft auf sein Widerrufs- und Wiedereinlösungsrecht verzichtete, solange das hessische Fürstenhaus blühen werde, ging dann die Burg Mellnau – wie Battenberg, Rosenthal und Wetter – endgültig in unbeschränktes Eigentum des Landgrafen über. Dieser mußte allerdings noch eine Ablösungssumme von 40 000 Gulden für die genannten Pfänder an den Erzbischof zahlen, die er größtenteils durch Lieferung von Geschützen beglich12.

Damit erfüllte sich das Schicksal der alten Feste: Von 1250 bis etwa 1330 (80 Jahre lang) war sie eine Kampfburg gegen den Landgrafen im freien Eigentum des Erzbischofs von Mainz gewesen; von etwa 1330 bis 1480 (150 Jahre lang) war sie in der Hand wechselnder ritterlicher Pfandherren, die anfangs auch nur dem Erzbischof, später jedoch mehr und mehr zugleich dem Landgrafen von Hessen verpflichtet waren; seit 1480 aber war sie alleiniges Pfand und nunmehr freies Eigentum der Landgrafen selbst geworden. – So endete nun auch die politische Bedeutung der Burg, die ohnehin seit Jahrzehnten nur noch eine Ruine war. Seitdem war sie nur noch ein bemerkenswerter Gegenstand der Chronisten.

Der Rentmeister Heinrich Ebel zu Wetter berichtete darüber 1575 im Wetterschen Salbuch:13 „Das Dorf Mellnau, vor Jahren Elnhoge genannt, ist gleich der Stadt Wetter der Dienste frei, und ist hiezuvor ein Schloß desselben gestanden, wie davon noch Monumenta vorhanden, darauf soll ein Amtmann gewohnet haben, welcher von wegen der Fürsten zu Hessen Stadt und Amt Wetter verwaltet gehabt.“14 Er erinnerte sich offenbar gar nicht mehr daran, daß nur etwa 100 Jahre zuvor die Amtmänner noch „von wegen des Erzbischofs zu Mainz“ auf Mellnau saßen. – Dementsprechend führt dann auch bereits das Dorfbuch des Oberfürstentums Hessen“ von 157715 unter den Orten des Amtes Wetter, die „unserem gnädigen Fürsten und Herrn (dem Landgrafen) mit aller hohen, mittel- und niederen Obrigkeit, Peinlichkeit, Gericht, Gebot und Verbot, Folge und Steuern und allem anderen allein zustehen“, das Dorf „Mellnau samt dem Schloß“ an, Es bemerkt dabei noch: „Ist dienstfrei; hat 35 Hausgesessene (d. h. Hausbesitzer), darunter 3 Burg-Gesessene, und 8 Wagen …“16 Die hessischen „Congeries“ (eine Kasseler Chronik) berichtete 158617 von Mellnau: „Item das Schloß heißt nicht Mellnaw, Ellnhoch ist sein rechter Name. Es liegt nicht weit von Wetter, hat von einer Seite einen fast hohen Berg, das Schloß ist nun wüste, hat noch einen hübschen Thurm, auf die alte Manier gebaut.“ – Wilhelm Dilich bemerkte in seiner hessischen Chronik von 160518 darüber: „Bey der Stadt Wetter liegt das zerfallene Berghaus Melnaw, welches vor alten Zeiten Meintz innegehabt, aber in Anno 1464 wiederum an die Fürsten zu Hessen kommen.“ Er übersah geflissentlich, daß es vorher nie dem Fürsten zu Hessen gehört hatte. – Winckelmann beschränkte sich in seiner Beschreibung des Fürstentums Hessen von 169719 auf die Mitteilung: „Unfern der Stadt Wetter liegt das Berg Hauß Mellnau, ist vor alters Ehlnhoch genennet, im Jahr 1246 erbauet, aber hernach zerstöret worden.“

Im 30jährigen Krieg (1618-1648)

spielte die Burg keine Rolle mehr20. Nur die bis dahin noch erhaltenen – und dann ebenfalls zerstörten – Jagdschlösser Rauschenberg und Wolkersdorf im Burgwald waren damals noch öfter umkämpft, besonders in den letzten 5 Jahren des sog. „Hessenkrieges“ zwischen dem Landgrafen von Hessen-Darmstadt, dem damals auf Grund einer kaiserlichen Entscheidung von 1623 Oberhessen mit Wetter, Mellnau und der ganze Burgwald gehörte, und der Landgräfin von Hessen-Kassel, die es wiederhaben wollte 21. In der Burg Mellnau war völlige Ruhe eingekehrt. Die kämpfenden Gruppen zogen von Frankenberg, Kirchhain und Marburg her an ihr vorbei. Auch als Wetter und die umliegenden Ortschaften wiederholt von den feindlichen Niederhessen und Schweden geplündert wurden, wurde sie davon nicht mehr berührt, denn da oben gab es nichts mehr zu plündern22. Die noch lebenden Nachkommen der Herren von Hatzfeld kämpften nicht mehr für den Erzbischof gegen den Landgrafen, sondern für den Kaiser gegen die Schweden und wurden dafür mit einer Herrschaft in Schlesien belohnt23.

Auch im 7jährigen Krieg (1756-1763) hatte die Burg keine militärische oder politische Bedeutung mehr. Die Truppen der streitenden Herren und Nationen sahen allenfalls noch verwundert zu ihr hinauf, wenn sie alle Jahre wieder auf der Straße von Frankenberg nach Wetter, von Wetter nach Rosenthal oder Schönstadt und umgekehrt an ihr vorbeizogen. Als die Verbündeten im August 1759 das französische Korps unter Oberst Fischer in Wetter angreifen und vernichten wollten, da lagerten sie vor Mellnau auf den Höhen zwischen Oberrosphe und Todenhausen. Und als sie 3 Jahre später, gegen Ende des Krieges, den Franzosen wieder einmal die Straße von Marburg nach Frankenberg sperren wollten, da lagen sie nicht auf der Burg Mellnau, sondern am Wollenberg und auf den Höhen über Unterrosphe24.

Nur die sich forterbenden alten Burglehen erinnerten noch immer an ihre ritterliche Vergangenheit. Zwar waren diese ehemaligen Burgmannen-Güter zu Mellnau größtenteils schon im 16. Jahrhundert an die Landgrafen gekommen, die sie als ihr freies herrschaftliches Eigentum behandelten, obgleich sie ursprünglich alle vom Erzbischof von Mainz für ihn geleistete Ritterdienste verliehen worden waren; teilweise waren sie aber auch jetzt noch in der Hand der alten Burgmannenfamilien und wurden weiter an sie verliehen wie in alter Zeit. – Den Heppenberger Hof, den Burgsitz der Ritter von Treisbach-Heppenberg, hatte Landgraf Heinrich III. schon 1478 von Johann von Nordeck zur Rabenau gekauft. Er war bereits 1580 als herrschaftlicher Freihof in zwei Teile aufgeteilt und „landsiedelweise“ an die darauf sitzenden Bauernfamilien zur Erbleihe ausgegeben, in deren Besitz (heute Hof Nr. 2 und 3) er auch um 1850 noch fast unverändert war25. Die Burgsitze der Herren von Treisbach (2 Höfe nebst Behausungen und Zubehör) fielen nach deren Aussterben mit dem Hofkanzler Peter von Treisbach 1527 an den Landgrafen heim. Der eine, „das Burglehen“ genannt, war ebenfalls bereits 1580 als herrschaftlicher Freihof vom Landgrafen an die darauf sitzende Bauernfamilie zu Erbleihe vergeben, in deren Besitz er 1850 (heute Nr. 15) noch unverändert war. Der andere, „der Ritterhof“ genannt, war dagegen 1580 bereits an mehrere Ein¬wohner von Mellnau einzeln ausgeliehen; 1850 zerfiel er allein in 6 verschie¬dene Anteile, die aber alle zusammen noch immer einen herrschaftlichen „Freihof“ – mit dem Stammsitz wohl in Hof Nr. 17 – darstellten26. Die Lehengüter der von Hatzfeld zu Mellnau (2 Burgsitze mit Zubehör usw.), die im 16. Jahrhundert zu Wetter wohnten, wo sie noch einen weiteren „Burgsitz“ besaßen und soeben neu ausgebaut hatten, wollte der Landgraf nach ihrem Aussterben im Mannesstamm (mit Johann dem letzten 1570) an sich ziehen. Da aber vor allem Johanns Stiefmutter Apollonia, geb. von Löwenstein und seine Stiefschwester Agnes, verheiratet mit Joh. Daniel von Bellersheim (in der Wetterau), heftig dagegen protestierten, kam es am 30. 11. 1570 mit ihnen zu einem Vergleich, wonach beide u. a. ihre Burgsitze zu Mellnau und Wetter, ebenso wie die zum Burglehen gehörigen ehemals Kniboschen Rechte zu Hollende und Bannebach noch bis zu ihrem Lebensende behalten durften. 1572 wurden diese Leben letztmals an Daniel von Bellersheim als Gatten der Hatzfeldischen Erbtochter dieser Linie verliehen27. Als Agnes von Hatzfeld 1588 starb, fielen sie indessen endgültig an den Landgrafen und wurden im Salbuch von 1592 ebenfalls als sein herrschaftliches Eigentum verzeichnet, obwohl die noch lebende andere Hatzfelder Linie erst etwa 10 Jahre später endgültig abgefunden wurde. Die beiden Hatzfelder Burgsitze zu Mellnau hießen damals der Viehhof (weil dazu ein großer Schaf- und Pferdestall gehörte) und das Kodengut (d. h. das kleine Gut). Der „Viehhof“ war 1592 bereits vom Landgrafen auf 9 Jahre an seinen Besitzer ausgeliehen, später gehörte er – noch um 1850 – je zur Hälfte dessen Nachkommen (Hof Nr. 7), zur andern Hälfte zu dem heutigen Hof Nr. 27. Das „Kodengut“ war 1592 wie um 1850 als herrschaftlicher Freihof an den Besitzer des Hofes Nr. 19 verliehen28.

Über die von den Vätern ererbten Mellnauer Burglehen der Milchling von Schönstadt einigten sich die Brüder Johann und Franz Milchling in einem Erbvergleich vom 31. 10. 153129 dahin, daß Johann den „Burgsitz zu Schönstadt“, den Stammhof der Familie als Ältester erhalten, Franz aber zunächst noch 4 Jahre Kriegsdienste leisten und später den „Burgsitz zu Mellnau“ mit Zubehör erhalten sollte. Diese Vereinbarung besagt entgegen häufiger Meinung nichts darüber, ob damals auch die Burg selbst noch bewohnbar war30, denn „Burgsitz“ bedeutet hier nicht eine Wohnung in, sondern auf dem Hof bei der Burg. Nach dem kinderlosen Tode des Franz Milchling um 1545 ging dieser Hof, der Milchlingsche Freihof zu Mellnau, zunächst wieder an seinen Bruder zurück und fiel nach dessen Tode um 1555 an dessen Vettern von dem Waldeckischen Zweig des Geschlechts, der den Stamm bis 1937 fortsetzte. Noch fast 300 Jahre lang ließen diese sich von dem Erzbischof von Mainz (zuletzt wohl 1730) 31 wie von dem Landgrafen (zuletzt wohl am 31. 10. 1826)32 nach alter Art als Mellnauer „Burgmannen“ mit dem Hofe nebst Zubehör belehnen. In der Urkunde von 1730 ließen sich die damaligen Milchlinge vom Erzbischof von Mainz auch noch einmal ausdrücklich bestätigen, daß ihnen außer ihrem Burgsitz „zu Mellenhage“ für die dem Erzbischof bisher geleisteten und noch zu leistenden „treuen Burgmannendienste“ jährlich noch die 6 Pfund Heller, „zu diesem Burglehen gehörig“, auf dem Rathaus zu Wetter zuständen, wofür sie ihm weiter feierlich Treue gelobten und schwuren, und dies, obwohl ihre Ahnen schon seit fast 300 Jahren tatsächlich nicht mehr auf Mellnau gedient hatten, sie selbst seit 200 Jahren nicht mehr katholisch waren und die Burg seit 150 Jahren allein dem Landgrafen gehörte! Die stille Hoffnung der Erzbischöfe, das Geschlecht der hessischen Landgrafen werde einmal aussterben, erfüllte sich auch später nicht. Ihren Hof zu Mellnau hatten die Milchlinge aber ebenfalls von jeher an die darauf sitzende Bauernfamilie (heute Hof Nr. 37) weiterverliehen33.

Die beiden anderen alten Mellnauer Höfe, der sog. Gilser Hof (seit 1470 dem Stift Wetter gehörig, heute Nr. 1134), und der Fleckenbühler, später Hatzfeld-Scholleysche Hof (heute Nr. 6), waren von jeher freie Eigengüter ihrer Herren und keine Burglehen gewesen; der letztere fiel nach dem Aussterben der von Scholley um 1820 jedoch auch noch an die Landgrafen35. Beide blieben wie die andern bis um 1850 als geschlossene Hofgüter erhalten, bis sie alle auf Grund der hessischen Bauernbefreiungsgesetze von 1848 gegen Entschädigung abgelöst und damit freies Eigentum der Bauern wurden, die sie seit Jahrhunderten für ihre ritterlichen Herren und deren Nachkommen bewirtschaftet hatten.

Weiterlesen: Und neues Leben blüht aus den Ruinen

 

 

  1. Gundlach, F., Hess. Zentralbeh. III, Dienerb. S. 426.
  2. Diefenbach, H., Kreis Marburg, S. 170; Schunder, F., Oberh. Klöster, Nr. 1207.
  3. Gundlach, F., a. a. O., S. 433; Diefenbach, H., a. a. O., S. 176; irrig Justi, K. W., a. a. O., S. 162 (Juni 1575!) u. S. 164 (betr. Justizamt).
  4. Justi, K. W., S. 111; Urkd. in Anl. 1.
  5. Claassen, W., D. kirchl. Organisation, S. 305.
  6. Heldmann, A., Stift Wetter, S. 98; Hütteroth, 0., Die althess. Pfarrer d. Ref. Zeit, T. 1, 1953, S. 146. – Nicht Friedrich Molitor, Justi, a. a. O., S. 165.
  7. Vgl. Küch, F., Das polit. Archiv d. Landgr. Philipp. 1904 ff., Bd. 1, Nr. 184 u. 1349, Bd. 2, Nr. 1549 (Wolkersdorf), Bd. 1, Nr. 431, Bd. 3, Nr. 3054 u. 3089 (Rauschenberg).
  8. Riedsel u. Gerstenberg b. Kuchenbecker, Anal. Hass., Coll. III, S. 55 u. Coll. V, S. 232; Gerstenberg bei Diemar, S. 464/64.
  9. 1769, S. 35; Justi, K. W., a. a. O., S. 161.
  10. Reimer, H., Ortslexikon 1926, S. 325/26; Diefenbach, H., Kreis Marburg, 1939,

    S. 213 Anm. 143.

  11. Arnold, J., Gesch. d. Oranien-Nass. Länder, Bd. 3, 1801, S. 139 f., 154 ff.; Justi, K. W., a. a. O.. S. 162: Demandt, K. E., Gesch. d. Landes Hessen, 1959, s. 302/3. StAM, Polit. Archiv d. Landgr. Phil., Nr. 2214-16 u. 2280.
  12. Heldmann, A., Stift W., ZHG 34, S. 120.
  13. StAM, Salbücher, S. 365, 367, 368.
  14. Die Meinung von Justi, a. a. O., S. 162, u. Sangmeister, E., a. a. O., S. 27, in dem Salbuch seien damals noch bewohnbare Teile der Burg erwähnt worden, ist irrig.
  15. StAM, S. 48.
  16. Auch hier kann aus den „3 Burg-gesessenen“ nicht auf noch bewohnbare Teile d. Burg selbst geschlossen werden, denn damit sind offensichtlich nur die Bauernfam. gemeint, welche die damals noch vorh. 3„Burgsitze“ (= Lehenshöfe ehem. Burgmannen) – 2 d. v. Hatzfeld, 1 v. Milchling – innehatten; vgl. S. 365.
  17. Bei Nebelthau in ZHG 7, S. 330.
  18. Dilich, W., a. a. O., Teil I, S. 98.
  19. Winkelmann, J. J., a. a. O., T. 4, S. 228/29.
  20. Landau, G., Ritterburgen 4, S. 176.
  21. Vgl. Rommel, Chr. v., Gesch. v. Hessen, Bd. 7 u. 8, 1839/43; Weber, H., Der Hessenkrieg, Diss. Gießen 1935.
  22. Mißverständlich Justi, K. W., a. a. O., S. 164, ebenso Heßler, C., Hess. Landes- u. Volkskunde, I, 2, S. 274, die v. „einem gänzlichen Verfall im 30-j. Kr.“ sprechen.
  23. Landau, G., a. a. O., 5. 145 ff.; Schäfer, K. H., Ortsch., S. 27.
  24. Vgl. Renouard, C., Gesch. d. Krieges in Hessen usw. 1757/63 (1863/64), 3. Bd.; Himmelmann, F., Heimatbuch der Stadt Rosenthal, 1939, S. 29 ff.
  25. StAM, Salb. v. Wetter 1580/92, S. 367/8; Lager-, Stück- u. Steuerbuch v. Mell¬nau, 1785, Bd. 1; Schäfer, a. a. O., S. 28.
  26. Wie Note 25.
  27. Landau, G., Ritterburgen 4, S. 148.
  28. StAM, Salb., S. 368, S. 104 ff.; Lagerbuch, a. a. O., Bd. 1 u. 2.
  29. Heldmann, A., Stift Wetter, ZHG 34, S. 121; derselbe, Geschl. v. Dersch, das. S. 194, Nr. 192.
  30. Gegen Heldmann, G., a. a. O., S. 122 u. Sangmeister, E., S. 27.
  31. Kopp, J. A., Proben d. dtsch. Lehnrechts, Bd. 2, 1746, Beil. 5.247/8, Nr. 9; Urkd. in Anlage 1.
  32. Heldmann, A., Stift Wetter, a. a. O., S. 120.
  33. StAM, Lager-, Stück- u. Steuerb. v. Mellnau, 1785, Bd. 2.
  34. StAM, a. a. O., Bd. 1; Schäfer, K. H., Ortschaften, S. 25.
  35. StAM, a, a. O,. Bd. 1; vgl. auch Landau, G., Ritterburgen 4, S. 158/60; Diefen¬bach, H., Kreis Marburg, S. 170/71; Görich, W., Haus u. Hof Fleckenbühl, in Hessenld.-Beil. d. OP 1960, F. 2; Eckhardt, W. A., in Handb. d. Hist. Stätten, Bd. 4, Hessen, S. 114.

Z
u Beginn des neuen Jahrhunderts wurde der Graf Heinrich von Waldeck zum Oberamtmann über die mainzischen Burgen und Städte Battenberg, Geismar, Rosenthal, Elnhog (Mellnau) und Wetter ernannt1. Pfandherr und in der Folgezeit auch Amtmann von Mellnau und Wetter war jedoch weiterhin Ritter Wigand 1. von Hatzfeld, Sohn Krafts IV., mit seinen Brüdern. Allerdings war das Pfand an der Burg Mellnau seit den Tagen Guntrams und Krafts IV. in 2 Teile geteilt, und so gab es seitdem eigentlich immer 2 Burgherren (einen Amtmann und einen Stellvertreter) und 2 Amtmannswohnungen auf der Burg.

Burg Mellnau nach einer Zeichnung von Otto Ubbelohde

Burg Mellnau nach einer Zeichnung von Otto Ubbelohde

Der Kraftsche Pfandanteil (später auch der „Hatzfeldische“ genannt) ging nach Ritter Wigands I. Tode 1423 auf seinen Sohn Wigand II. und nach dessen Tode 1440 auf seinen Sohn Ritter Johann VI. über. Als dieser schon 1449 ohne Erben starb, fiel er an Wigands II. Bruder, Ritter Gottfried VI. von Hatzfeld, der dann zugleich Amtmann von Mellnau und Wetter war. – Mitpfandherr auf der Burg (wegen des ehemals Guntramschen Anteils) war nach 1400 zunächst dessen letzter Enkel, Krafts VI. Sohn Kraft IX., der aber auch schon 1408 starb. Seitdem traten an dessen Stelle die Ritter Wigand und Johann Gaugrebe (Brüder, aus Medebach im Sauerland), denen der Erzbischof 1408 für 1500 Gulden die Hälfte des Schlosses Mellnau und des mainzischen Teiles von Wetter überließ, „wie solches Guntram von Hatzfeld und seine Nachkommen bisher innegehabt“ hatten2). Nach ihrem Tode kündigte der Erzbischof 1422 ihren Witwen die Pfandschaft und übertrug sie nun an den Ritter Ludwig von Erfurtshausen3, Sohn des Mellnauer Burgmanns Friedrich von Erfurtshausen, der seit 1391 schon die ehemals Kniboschen Burglehen innehatte, die Ludwig 1434 an die von Hatzfeld weiter verkaufte4. Er war also seit 1422 Mit-Pfand- und Burgherr neben seinem Verwandten Wigand II. von Hatzfeld. Da er keine Söhne hatte, ging sein Anteil um 1437 auf einen anderen Verwandten Ludwigs, den Mellnauer Burgmann und Edelknecht Johann von Löwenstein über, den Enkel des Burgmanns Gottfried von Löwenstein-Schweinsberg von 1381. Nach dessen Tode erbten diese ehemals Guntramsche Hälfte seine Brüder, die Edelknechte Vaupel (Volpert) und Gerlach von Löwenstein, die aber nicht auf Elnhog dienten. Sie verpfändeten deshalb ihr Pfandrecht an den Burgmann Johann von Wolmeringhausen (in Waldeck), der 1436 nach dem Aussterben der von Heppenberg schon deren Hof und Güter zu Mellnau aufgekauft hatte, und nach dessen Tode um 1460 vorübergehend an Gottfried VI. von Hatzfeld5, der die andere, ehemals Kraftsche Hälfte schon innehatte. Noch im selben Jahre lösten die Brüder von Löwenstein aber offenbar ihre Pfandhälfte wieder ein und verkauften sie größtenteils – für 1300 Gulden – an den Ritter Johann von Nordeck zur Rabenau, der gleichzeitig von dem Sohn Johanns von Wolmeringhausen – jetzt Amtmann in Waldeck6 – den Heppenberger Hof kaufte und nun Mitbesitzer der Burg Elnhog neben dem angestammten Burg- und Pfandherrn, dem mainzischen Amtmann Gottfried VI. von Hatzfeld war. Mit einem kleinen Rest ihres früheren Anteils (im Wert von 200 Gulden) waren auch die Brüder von Löwenstein noch daran beteiligt.

Damit wurden zugleich die Beziehungen der Burg Elnhog zum Erzbischof von Mainz immer lockerer, sie wurden immer mehr nur noch geschäftliche statt politische. Die mainzischen Amtmänner von Mellnau und Wetter waren zwar in der Regel immer noch die von Hatzfeld, die Nachkommen Krafts IV. des Großen, diese verwalteten allerdings schon seit 1387 zugleich auch die hessische Hälfte von Wetter, die ihnen der Landgraf verpfändet hatte, und dienten so regelmäßig beiden Herren. Pfandherr zu Mellnau konnte aber jetzt auch jeder andere Ritter oder gar nur Edelknecht werden, der an den bisherigen Pfandbesitzer oder dessen Erben den entsprechenden Geldbetrag zahlte, denn der Erzbischof selbst konnte die Pfänder nie mehr einlösen. Die Doppelstellung der Hatzfelder als zugleich Mainzer und hessische Amtmänner von Wetter führte ohnehin dazu, daß sie in den künftigen Fehden zwischen dem Landgrafen und dem Erzbischof sich regelmäßig neutral verhielten. Hinzu kam, daß an die Stelle der hundertjährigen Fehden zwischen diesen alten Erzfeinden im neuen Jahrhundert überhaupt mehr und mehr die Fehden zwischen den Hessen und den „Westfälingern“ traten, in denen die Burg Mellnau als solche keine so entscheidende Rolle mehr spielte.

So kam es, daß schon in der ersten Fehde dieses Jahrhunderts der Ritter Wigand I. von Hatzfeld von Mellnau und Wetter aus nicht an der Seite der erzbischöflichen sondern der landgräflichen Truppen am Kampfe gegen den westfälischen Raubritter Friedrich von Padberg und seine Genossen teilnahm. Schon im Frühsommer 1400 hatte Graf Heinrich von Waldeck, damals mainzischer Oberamtmann in Oberhessen, zusammen mit seinen Helfern, darunter auch Friedrich von Padberg, einen räuberischen Zug von Battenberg nach Wetter, Schönstadt, Rauschenberg und bis Bürgeln unternommen7. Wieder einmal hatte die Bevölkerung der betroffenen Orte allein die Leiden der Kriegführung zu tragen. Wieder einmal waren, wie üblich, die Häuser ausgeplündert und ausgebrannt, die Felder verwüstet und das Vieh der Bauern weggeführt worden. Als dann ein Jahr später, im Sommer 1401, die Landgräflichen von Marburg und Frankenberg aus einem Rachezug gegen Waldeck und die Westfälinger unternahmen, da schloß sich ihnen auch Wigand von Hatzfeld als Amtmann von Wetter mit einer kampfkräftigen Truppe an, um Friedrich von Padberg unschädlich zu machen8. Ja er war dabei mit seinen Mellnauer Rittern und Edelknechten, verstärkt durch bewaffnete Wettersche Bürger, so erfolgreich, daß er zahlreiche Gefangene machte; und wieder einmal kam es dann zwischen dem Landgrafen und ihm zu einem heftigen Streit wegen dieser Gefangenen und der Verteilung des Lösegeldes. Er ließ sich aber nicht demütigen wie damals Kraft VI, sondern verlangte die Einsetzung eines Schiedsgerichts. Dies entschied den Streit dahin9, daß Ritter Wigand von Hatzfeld für die Westfälinger Ritter, die er in seiner Gewalt hatte, die Lösungssummen selbst bestimmen und davon die Hälfte für sich behalten, die andere Hälfte dem Landgrafen geben sollte; und umgekehrt sollte er von der Lösungssumme, die der Landgraf von Friedrich von Padberg und seinen Gesellen bekam, sein Teil von mindestens 50 Gulden haben. Alle Gefangenen aber sollten gegenüber Wigand wie dem Landgrafen „Urfehde“ schwören, d. h. daß sie sich nicht dafür rächen wollten.

Wigand I. von Hatzfeld war überhaupt ein recht zielbewußter und tatkrätiger Herr. Zu Anfang des Jahres 1400 hatte er seine Befugnisse als mainzischer Amtmann zu Wetter und Mellnau vorübergehend an den mainzischen Oberamtmann Graf Heinrich von Waldeck abtreten müssen10. Das war aber bald wieder rückgängig gemacht worden. Ein Jahr später machte ihn der neue Erzbischof Johann von Mainz, gegen Zahlung von 860 Gulden, sogar noch zusätzlich zum Pfandherrn und Amtmann von Rosenthal, wie er es früher schon einmal gewesen war11. 1407 hatte er in Wetter neben dem landgräflichen und dem erzbischöflichen Schultheiß auch noch einen eigenen Schultheiß am Gericht sitzen, namens Berthold Pfannenstiel12. Im Jahr 1410, als der König Ruprecht gestorben und der Erzbischof wieder des Landgrafen Hermann Feind geworden war, sollen sich Wigands Mellnauer und Rosenthaler Ritter und Knechte auch wieder an Streifzügen nach Marburg und Frankenberg, gegen die landgräflichen Städte, beteiligt haben13. Um die gleiche Zeit erscheint er allerdings auch wiederholt als Bürge und Rat des Landgrafen14. 3 Jahre später, am 1. Mai 1413, als der greise Landgraf Hermann eben die letzten Kriegsvorbereitungen zu einem neuen großen Gegenzug traf, übergab Wigand zusammen mit seinem Bruder Guntram (später Komtur zu Wiesenfeld) alle ihre Pfandbriefe über Mellnau und Wetter seinem Sohn Gottfried VI. zur Verwahrung. Die Vorsichtsmaßnahme war jedoch nicht mehr nötig, weil Landgraf Hermann schon 3 Wochen später verstarb15. Dafür focht Wigand noch in mancher anderen Fehde, besonders in Westfalen, mit. Er war auch sonst sehr erfolgreich, denn er erwarb später alle Rechte seiner Brüder und ihrer Erben, auch an Mellnau, für sich16, so daß er schließlich das ganze väterliche Erbe in seiner Hand hatte. Im Jahre 1420 erhielt er von dem Grafen von Ziegenhain sogar noch alle Ziegenhainer Leibeigenen in der Grafschaft Wetter17

Nach Wigands I. Tode scheint sich das Verhältnis allerdings bald verschlechtert zu haben. So kam es im Sommer 1431 zu einer Fehde zwischen dem Grafen Johann von Ziegenhain und einer Anzahl von Rittern unter der Führung des Herrn Ludwig von Erfurtshausen, der damals 2. Pfandherr auf Mellnau war. Dieser Zug nahm aber ein rasches und betrübliches Ende18, denn der Graf von Ziegenhain stellte seinen Feinden bei Weiderichshausen, einem ehemaligen Dorf bei dem jetzigen Rittergut Schönstadt, eine Falle und fing den ganzen Haufen, „33 edle Männer außer den andern Reisigen“, mit Ludwig von Erfurtshausen, seinem Schwager Gerlach von Breidenbach und seinem Neffen Gottfried genannt der Rauhe von Hatzfeld an der Spitze. Das war am Tag nach Kiliani (9. Juli). Unter den übrigen gefangenen Edelleuten waren u. a. Philipp von Breidenbach, Gerlachs Bruder, sein Schwiegervater Gottlieb von Hanxleden und dessen Söhne Gottfried und Johann von Hanxleden19, dieser ein Schwiegersohn Wigands II, von Hatzfeld zu Mellnau; ferner sicher auch Ludwigs Schwiegersöhne: Johann Schenk von Schweinsberg, Johann Riedesel, Johann von Dersch und Philipp von Buseck20, ebenso wohl die Mellnauer Burgmannen: Peter von Treisbach (der Großvater des gleichnamigen späteren Marburger Hofkanzlers), dessen Sohn Volpert dann auch eine Tochter Ludwigs von Erfurtshausen zur Frau nahm; Hartmann von Hohenfels, ein Schwiegersohn Wigands von Hatzfeld; und der junge Johann (Henne) Milchling von Schönstadt, auf dessen Rittergut sich der Haufen vielleicht gerade versammelt hatte. Sie alle mußten hohes Lösegeld zahlen, um wieder frei zu kommen21. Weiderichshausen ist seitdem wüst. Aber die Acker, wo es lag, und wo noch jetzt gelegentlich Reste von Mauern der ehemaligen Häuser ausgegraben werden, heißen noch heute die „Kriegsäcker“22.

Das war die gleiche Zeit, in der auch die letzten Höfe von Kene nach Mellnau verlegt wurden. Im 13. Jahrhundert waren die ersten Häuser im „Tal“ hinter dem Burgberg erbaut worden, die später den Kern des Mellnauer „Oberdorfs“ bildeten. Im 14. Jahrhundert hatten das 1000jährige Kene im Wiesengrund des Steddebachs am westlichen Fuß des Berges und das 100järige Mellnau auf der jenseitigen Höhe östlich der Burg nebeneinander bestanden. Im 15. Jahrhundert nun wurden auch die letzten dort noch vorhandenen Höfe auf die Anhöhe südlich der Burg verlegt, wo sie seitdem das „Unterdorf“ bildeten23. In Kene hatte es offenbar von jeher außer den schon genannten 6 Lehnshöfen des Stifts Wetter, die inzwischen mit Mellnauer Burgsitzen verbunden wurden24, noch 2 weitere, freie Adelsgüter gegeben: Das „Gut prope Kene“, das die von Hatzfeld 1309 (zusammen mit ihrer Mühle zu Simtshausen und Gütern bei Wollmar) dem Landgrafen auftrugen; es war offenbar das gleiche freie Gut „vor dem Schlosse Mellnau“, das 1470 Eckhardt von Gilsa und seine Kinder dem Stift Wetter verkauften und das noch 1784 der „Gilser Hof“ genannt wurde. Ferner das „Gut allernächst Elnhog“, das die von Flekkenbühl (ehemals Marburger Ritter und Burgmannen) bereits 1343 als ihr „eigen Gut“ besaßen25, es ging 1515 an die von Hatzfeld zu Fleckenbühl und 1629 an ihre Erben, die von Scholley daselbst über. Beide Güter bestanden noch als geschlossene Mellnauer Höfe bis um 1850. – Im Jahre 1345 verkaufte auch der Ritter Johann von Biedenfeld zu Frankenberg noch eine Rente aus seinem Hofe zu Kene26; 1423 besaßen die Gebrüder von Hatzfeld zu Mellnau noch ein weiteres freies Gut zu Kene, das der Mellnauer Bauer Hermann Schönstadt pfandweise innegehabt hatte; und 1447 setzte das Stift Wetter einen Hof zu „Keyne“, den der Mellnauer Bauer Hans Boning bebaute, der Witwe des verstorbenen Ritters Wigand II. von Hatzfeld zum Pfande. 1490 wurden die von Hatzfeld zum letzten Male von dem Landgrafen neben dem „Burgsitz“ zu Mellnau mit „2 Hufen zu Kene“ belehnt27. Im 16. Jahrhundert waren die gleichen stiftischen und hatzfeldischen Güter aber schon völlig in der Mellnauer Gemarkung aufgegangen28, und auch die Zehnten von Kene und Mellnau, die dem Johanniterkloster zu Wiesenfeld gehörten, waren miteinander vereinigt29. Das gleiche galt für die Kirche. Um 1420 war Kene noch ein selbständiges „Kirchdorf“ im Pfarrbezirk Wetter – neben den benachbarten Orten Oberwetter bei der Kranzmühle und Oberste Rosphe unter der Hundeburg30, während Mellnau bis dahin nur eine kleine Kapelle in der Burg besaß. Nun trat Mellnau an seine Stelle, und das Kirchlein „Zum Heiligen Kreuz“ wurde aus dem Wiesengrund auf die Höhe verlegt, und zwar nahe bei die Burg, wo es, wenngleich im 16. Jahrhundert ungebaut, noch bis 1883 stand31. 1460 stiftete der Amtmann Gottfried von Hatzfeld darin einen Altar32. Seit 1499 durfte der Stadtpriester von Wetter dort die Heilige Messe lesen33, und das „Kirchdorf“ war nun Mellnau.

Melnau - Nach einem Stahlstich

Melnau – Nach einem Stahlstich

 

Ebenso wie in Kene wurden um die gleiche Zeit die Höfe und das Kirchlein von Oberwetter nach Wetter und von Oberste Rosphe nach Oberrosphe verlegt. Die alten Fluren aber wurden regelmäßig durch die Besitzer von dem neuen größeren Ort aus weiter bewirtschaftet34. Außer anderen Gründen mag zur Aufgabe der alten Hofstätten und ihrer Verlegung in die geschützteren Nachbarorte gerade auch das Fehdeunwesen der damaligen Zeit viel beigetragen haben35. Überhaupt war das alte ehrenwerte Ritterwesen inzwischen weitgehend entartet und sank mehr und mehr zum bloßen Raubrittertum herab36. Auch die alte erzbischöfliche Kampfburg Elnhog entwickelte sich im 15. Jahrhundert rasch zu einer bloßen Raubritterburg der jeweils darauf sitzenden Herren. Schon seit etwa 1430 diente dort der Edelknecht Johann von Löwenstein, ein Enkel jenes Gottfried von Löwenstein, der schon 1381 durch einen blutigen Raubzug nach Marburg von sich reden gemacht und viel Unheil angerichtet hatte. Johann wurde als Nochfolger Ludwigs von Erfurtshausen, mit dem er verwandt war, dann sogar 2. Pfandherr auf Burg Elnhog. Er machte seinem Geschlecht und der Burg wenig Ehre, denn er erlaubte sich mancherlei Übergriffe. Die auf der Weinstraße und auf dem Sälzerweg an Mellnau vorüberziehenden Kaufleute griff er auf offener Straße an und raubte sie aus37. Als ihn darauf einmal Soldaten des Landgrafen bei Frankenberg faßten, gefangen nahmen und nach Kassel brachten, schwor er zunächst „Urfehde“ (d. h. sich nicht dafür zu rächen) und wurde auf Bitten seiner Freunde 1432 aus dem Gefängnis vorläufig wieder entlassen. Vorher verzichtete er ausdrücklich auf alle Klagen gegen den Landgrafen, wollte wegen etwaiger Klagen gegen dessen Untertanen seine Entscheidung befolgen, verzichtete auf Waffengewalt und verpflichtete sich, sich jährlich an Pfingsten im Schloß zu Kassel als Gefangener zu melden. Nachher aber hielt er nichts davon, behauptete, er sei zu diesem Schwur gezwungen worden, und ließ zur Rache durch seine Knechte wieder landgräfliche Untertanen auf offener Straße überfallen, gefangen nehmen, ausplündern und im Burgwald geknebelt an Bäume binden. Auf die mehrfache Aufforderung, den früher ausgeraubten Kaufleuten Schadensersatz zu leisten, griff er nur neue Kaufleute auf der Straße an und setzte sie auf dem Schloß Mellnau gefangen, bis sie Lösegeld zahlten. Im Jahre 1434 sagten ihm deshalb auch die Grafen von Hanau und Saarbrücken, deren Untertanen solche Kaufleute waren, die Fehde an und unternahmen schließlich zusammen mit den Leuten des Landgrafen einen Angriff auf das Schloß, nahmen es ein, befreiten die Kaufleute und gaben ihnen ihre Habe wieder. Johann unternahm dafür anschließend neue Raub- und Rachezüge gegen den Landgrafen und schrieb öffentliche Schmähbriefe gegen ihn, so daß Landgraf Ludwig sich schließlich mit der Bitte um Abhilfe an den Kaiser Sigismund zu Prag wandte und der Kaiser selber eingreifen mußte. Durch öffentliche Bekanntmachung von 18. 9. 1437 befahl er seinen Städten Frankfurt, Friedberg, Wetzlar und Gelnhausen und seinen Burgleuten zu Friedberg, den Johann von Löwenstein und seine Helfer nicht in ihre Städte und Burgen aufzunehmen, ihm nicht zu helfen, Schutz zu gewähren oder Geleit zu geben, bis dieser sich mit dem Landgrafen Ludwig von Hessen geeinigt habe oder ihr Streit vor ihm, dem Kaiser, ausgetragen worden sei38. Danach wurde Johann von Löwenstein zu¬sammen mit dem Landgrafen auf einen „Rechtstag“ nach Frankfurt geladen und bekam hierfür von der Stadt Frankfurt freies Geleit, obwohl er gerade auch Frankfurter Kaufleute ausgeraubt hatte. (Seine Knechte hatten u. a. Frankfurter Bürgern in der Gegend von Fronhausen 2 Pferde weggenommen). Tatsächlich erschien er in Frankfurt während der Herbstmesse 1438, angeblich um mit der Stadt über einen Schadensersatz zu verhandeln, benutzte das freie Geleit aber dazu, unterwegs wieder Untertanen des Landgrafen Schaden zuzufügen. Als diese darauf von der Stadt Frankfurt die Aufhebung des freien Geleits forderten, verließ er eilig die Stadt wieder und schrieb anschließend einen öffentlichen „Scheltbrief“ gegen den Landgrafen. Darin behauptete er, der Landgraf habe ihn in Frankfurt in eine Falle locken und gefangen nehmen wollen, und fügte ein Bild dazu, auf dem dieser mit dem Kopf nach unten an einem Galgen hängend abgemalt war39. Auf diese schwere Beleidigung hin lehnte der Landgraf weitere Verhandlungen ab und verbündete sich 1439/1440 noch mit anderen Großen wie den Erzbischöfen von Mainz und Köln, um dem räuberischen Unwesen des Johann von Löwenstein – von dem sich inzwischen auch seine ganze Familie losgesagt hatte – endgültig ein Ende zu bereiten. Erst dieser Übermacht gelang es jetzt, dem kleinen Raubritter aus Mellnau das Handwerk zu legen. Bezeichnend ist dabei, daß der Erzbischof von Mainz gegen seinen eigenen Burgmann Krieg führte. Seit 1440 ist von ihm nichts mehr bekannt. Anscheinend ist er bei dem Feldzug zu Tode oder für immer hinter Schloß und Riegel gekommen. Seine jüngeren Brüder, die Edelknechte Vaupel und Gerlach von Löwenstein, verpfändeten alsbald die Pfandrechte Johanns an der Burg sowie an Stadt und Amt Wetter40 und verkauften schließlich 1460 den größten Teil für 1300 Gulden an den Ritter Johann von Nordeck; den Rest verkauften sie 1479 für 200 Gulden an den Landgrafen und verzichteten dabei noch einmal ihm gegenüber ausdrücklich auf alle Rechte, die sie als Erben jenes Johann von Löwenstein an dem Schloß Elnhog hatten41.

Wieweit die Pfandherren von Mellnau und Wetter in jenen verworrenen Zeiten auch noch Amtsbefugnisse als mainzische Amtmänner daselbst hatten und ausüben durften, ist nicht ganz klar. Jedenfalls unterstanden sie in der Zeit zwischen 1424 und 1440 jeweils den Oberamtmännern, die der Erzbischof für die „Städte und Schlösser Amöneburg, Fritzlar usw., Rosenthal, Mellnau und Wetter“ einsetzte: das waren abwechselnd und nacheinander die Grafen von Ziegenhain, von Nassau, von Isenburg-Büdingen und von Waldeck. Und im Jahre 1438 übernahm sogar Landgraf Ludwig „der Friedfertige“ selbst die „Schirmherrschaft“ über alle mainzischen Lande und Leute in Hessen, darunter auch die Burg Mellnau42.

In den 50er Jahren lebten dann vor allem die Streitigkeiten zwischen dem hessischen Landgrafen und den „Westfälingern“ wieder auf, die bis in die 80er Jahre dauerten. An ihnen nahmen auf hessischer Seite vor allem gewappnete landgräfliche Soldaten und Bürger aus Marburg, Wetter und Frankenberg; die jeweils besonders aufgeboten wurden, teil. Auf westfälischer Seite war besonders der Ritter Johann von Hanxleden an den Raubzügen nach Frankenberg und Wetter führend beteiligt43, der übrigens eine Nichte Gottfrieds von Hatzfeld, des jetzigen Amtmanns auf Elnhog, geheiratet hatte. Wieweit auch die Ritter und Edelknechte zu Elnhog sich an den wiederholten hessischen Gegenzügen beteiligt haben, ist nicht ersichtlich. Gottfried von Hatzfeld wird schon durch seine Verwandtschaft daran gehindert gewesen sein. – Die politische und militärische Bedeutung der inzwischen 200 Jahre alten Burg wurde dagegen besiegelt durch eine Fehde vom Jahre 1462, die zwei gleichzeitig amtierende Erzbischöfe von Mainz gegeneinander führten. Das war eine verwickelte Geschichte.

Damals gab es nämlich zugleich einen Erzbischof Dietrich von Mainz, den der Papst eben wegen politischer Gründe abgesetzt hatte, und einen Erzbischof Adolf von Mainz, den der Papst neu hatte wählen lassen44. Da jedoch Erzbischof Dietrich auf seinen alten Rechten beharrte, suchte ihm der neue Erzbischof Adolf die Herrschaft in der Mainzer Kirche – mit List und Gewalt – zu entreißen. Gleichzeitig gab es aber auch 2 hessische Landgrafen, nämlich die einander ebenso feindlichen Brüder Ludwig II. zu Kassel und Heinrich III. zu Marburg; jener beherrschte Niederhessen und dieser Oberhessen. Landgraf Ludwig zu Kassel schloß sich in dem beginnenden Mainzer Kirchenkampf dem neuen Erzbischof Adolf an, während Landgraf Heinrich zu Marburg zu dem alten Erzbischof Dietrich hielt. Beide ließen sich dafür als Belohnung von dem jeweiligen Erzbischof im voraus eine Anzahl Städte und Burgen versprechen, so Ludwig von Erzbischof Adolf mehrere in Niederhessen und um Kassel herum, während Heinrich sich von Erzbischof Dietrich am 1. 1. 1462 für seine Kriegshilfe u. a. die oberhessischen Städte und Schlösser Battenberg, Rosenthal, Mellnau („Burg und Tal“), und halb Wetter versprechen ließ45. Zunächst führte nun Landgraf Ludwig zu Kassel für Erzbischof Adolf im Februar 1462 einen siegreichen Feldzug quer durch Hessen durch, wobei er auch Amöneburg, Neustadt und Fritzlar eroberte46. Dann unternahm Landgraf Heinrich zu Marburg für Erzbischof Dietrich im März 1462 zusammen mit anderen Verbündeten einen ebenso erfolgreichen Feldzug nach Südhessen bis zum Neckar47. Darauf frohlockte der alte Erzbischof bereits und befahl am 5. April allen Bewohnern von Battenberg, Rosenthal und Wetter sowie den Pfandherren von Mellnau, – Gottfried von Hatzfeld und Johann von Nordeck zur Rabenau -, dem Landgrafen Heinrich zu Marburg als ihrem neuen Herrn zu huldigen. Am 20. Juni 1462 kaufte Landgraf Heinrich dem Johann von Nordeck zur Rabenau auch bereits dessen Pfandanteil an Mellnau und Wetter für 1200 rheinische Gulden, die er in Raten zu zahlen versprach, ab48. Aber der alte Erzbischof hatte sich zu früh gefreut: Ende Oktober 1462 wurde die Stadt Mainz von dem neuen Erzbischof Adolf erobert und sein Vorgänger bald danach endgültig zum Nachgeben gezwungen49. Als Friedensvermittler trat nun ausgerechnet der Verbündete des geschlagenen alten Erzbischofs, Landgraf Heinrich III. zu Marburg auf. Dabei verhandelte er – oder besser sein Hofmeister, der „heimliche Landgraf“ Hans von Dörnberg – so geschickt, daß ihm der siegreiche neue Erzbischof für die hohen Kriegsschulden seines geschlagenen Gegners alle die Städte und Schlösser überließ, die jener ihm vor dem Kampfe versprochen hatte50. Am 5. Oktober 1463 wurde im Römersaal zu Frankfurt der Friede geschlossen, und durch Vertrag vom 6. 5. 1464 wurden Battenberg, Rosenthal, „Mellnauwe“ und die mainzische Hälfte von Wetter dem Marburger Landgrafen für 30 000 Gulden Kriegsschulden des abgesetzten Erzbischofs und weitere 10 000 Gulden Kaufgeld überschrieben, wobei sich Mainz nur der Form halber die Oberherrschaft und den Wiederkauf vorbehielt, der aber nie erfolgte51. Nach Einlösung der Städte und Burgen von den darauf noch ruhenden Pfandrechten sollten „alle Mannen und Burgmannen, die darin sitzen, auch alle Amtleute, Torhüter, Pförtner, Wächter, Bürgermeister, Bürger und Einwohner der genannten Städte und Schlösser dem Landgrafen Heinrich und seinen Erben huldigen, geloben und schwören, ihm dienstbar und gehorsam zu sein, so wie sie es bisher uns und unserem Stift gewesen sind; ebenso sollen auch Landgraf Heinrich und seine Erben die Mannen und Burgmannen, die darin sitzen, zu jeder Zeit unterhalten und bezahlen, und die vorgenannten Städte und Dörfer mit ihren Einwohnern, Bürgern und armen Leuten und ihr Gut getreulich verteidigen, schützen und schirmen, und die Schlösser in gutem Bau halten ohne alle Gefahr …“. Alsbald danach erließ Landgraf Heinrich einen entsprechenden Huldigungsbrief vom 17. 8. 1464, in welchem er sich seinerseits verpflichtete, die genannten Städte und Schlösser bei ihren alten Rechten zu belassen52

Die Pfandherren der genannten Burgen und Städte fand Landgraf Heinrich dann nacheinander ab. Den Johann von Nordeck, dessen Anteil an Mellnau er schon 2 Jahre zuvor gekauft hatte, hatte er dafür schon damals einen Monat später an Stelle von Gottfried von Hatzfeld zum Amtmann von Mellnau und ganz Wetter ernannt, also 2 Jahre früher als er beides endgültig erhielt53. Nunmehr ernannte er den Mit-Pfandherrn Gottfried VI. von Hatzfeld zu seinem fürstlichen Rat54. Johann von Nordeck blieb aber sein Amtmann zu Mellnau und Wetter bis zum Sommer 1478, wobei er sich wegen des versprochenen Kaufpreises aus seinen dortigen Einkünften befriedigen durfte. 1478 erklärte er sich in jeder Hinsicht für abgefunden und verkaufte dem Landgrafen zugleich noch seinen Heppenberger Hof, den er 1460 erworben hatte55. – Den Rest des Löwensteinischen Anteils an der Burg Mellnau löste Landgraf Heinrich im Oktober 1479 von den Brüdern Vaupel und Gerlach von Löwenstein für 200 Gulden ein56. – Im gleichen Jahre kaufte er schließlich von den Söhnen Gottfrieds von Hatzfeld, Johann VII. und Kraft XI. von Hatzfeld, auch noch die Hatzfeldische Hälfte an Schloß Mellnau und Wetter. Dafür ernannte er jetzt den einen der Brüder, den Ritter Kraft XI. von Hatzfeld, als Nachfolger Johanns von Nordeck zum landgräflichen Amtmann von Mellnau und Wetter57. Erst jetzt – also seit 1480 – gehörte also die Burg Mellnau nebst Zubehör, wie die mainzische Hälfte von Wetter, praktisch ganz dem Landgrafen58, und seine dortigen Amtmänner waren nur noch seine Beamten. Die Amtszeit Krafts XI. von Hatzfeld, der nunmehr erstmals wieder das gesamte Amt Wetter, ehemals mainzischen wie hessischen Anteils, verwaltete und mit seiner Frau Ursula von Löwenstein weiterhin auf Schloß Mellnau wohnte, während er seine zweite Wohnung in Wetter (außer dem Pferdestall) vermietete, dauerte bis um das Jahr 150059.

Wegen der Mellnauer Burgmannen war in dem Vertrag von 1464 vereinbart worden, sie sollten ihre dortigen Burglehen (Höfe, Güter und Zinsen) nunmehr von beiden Teilen, dem Landgrafen als Pfandherrn und dem Erzbischof als Oberherrn und Eigentümer, empfangen60. Die beiden Brüder von Hatzfeld indessen zogen aus der neuen Lage die Folgerungen und schlugen sich ganz auf die Seite des Landgrafen. Sie hielten sich an die Vereinbarung nur noch bis um 1475/147661. Als 1485 der alte Erzbischof starb, lehnten sie es ab, ihre zahlreichen Mainzer Burg- und Mannlehen zu Mellnau, Wetter und an vielen anderen Orten weiterhin vom Erzbischof zu empfangen, und erkannten, rechtlich zweifellos zu Unrecht, nur noch den Landgrafen als den rechtmäßigen Oberherrn an. Dieser belehnte sie nun seinerseits allein mit den mainzischen Lehen, darunter sogar den uralten Kniboschen Burglehen von Hollende, und schützte sie in ihrem Besitz, so daß selbst ein großes kurfürstliches Lehensgericht von 1485, das denen von Hatzfeld alle mainzischen Lehen auf dem Papier entzog, sie nicht in ihrem Besitz stören konnte62. Dagegen nahmen die alten Burgmannenfamilien derer von Treisbach und der Milchling von Schönstadt ihre Burglehen noch weit über das Ende des Jahrhunderts hinaus von beiden Teilen entgegen, auch als sie schon längst nicht mehr dort wohnten oder dienten63. Henne Milchling von Schönstadt hatte sein Burglehen 1480 sogar vorübergehend an das Stift Wetter verpfändet64. Seine Nachkommen bekannten sich noch nach 1700 als mainzische Burgmannen und Gefolgsleute des Erzbischofs zu Mellnau, als sie schon seit Jahrhunderten evangelisch waren und die Burg längst eine Ruine war65. Dafür bekamen sie stets unangefochtenes Eigentum an deren dortigen Gütern und jährlich einen Lehnssold von 6 Pfund Heller aus dem Rathaus zu Wetter.

Tatsächlich scheinen schon seit 1464, als Landgraf Heinrich III. die obengenannten Städte und Schlösser nach der Mainzer Fehde der Erzbischöfe als „Kriegsbeute“ übernahm, keine Ritter und Edelknechte in Mellnau mehr gesessen zu haben. Die Erzbischöfe hatten dort ja nichts mehr zu verteidigen, und für den Landgrafen hatte die Burg keinen besonderen militärischen Wert66. In seinen folgenden Fehden gegen die „Westfälinger“ werden daher zwar wiederholt Wetter, Rauschenberg und Rosenthal im Burgwald als seine Stützpunkte genannt, aber nicht mehr die alte Feste Elnhog67. Und als der Landgraf im Jahre 1489 für den König 600 Mann als „Eilende Hilfe gegen Flandern“ aufbieten mußte, da stellte zwar Wetter 2, Rauschenberg 1 und Rosenthal „1/2 Knecht“, aber „das Dorf Mellnau“ nur 1/4 Knecht68. Von der Burg, auf der nur noch der Amtmann mit seiner Familie wohnte, ist dabei gar keine Rede mehr. Die Landgrafen selbst, welche in den umliegenden Wäldern des Burgwalds damals mehr denn je ihrer Jagdleidenschaft frönten, bevorzugten die moderneren Schlösser zu Rauschenberg und Wolkersdorf, die ihnen inzwischen ebenfalls zugefallen waren. – Im übrigen ging die Ritterzeit überhaupt zu Ende, und mit ihr auch die Zeit der alten Burg- und Wehrbauten, zumal an Stelle von Panzer und Schwert, von Armbrust und Wurfmaschinen die ersten Feuerwaffen aufkamen69. Es begann die Zeit des Volksaufgebots, wenn ein Kriegszug sich ereignete, und noch mehr der Söldnerheere.

Nur politisch behielt die Burg vorerst noch eine gewisse Bedeutung: Einmal als Verwaltungssitz der ehemals mainzischen und jetzt landgräflichen Amtmänner des Amts Wetter, die heute etwa dem Landrat zu vergleichen wären; zum andern bestand vorläufig eben doch noch die formale Oberherrschaft des Mainzer Erzstifts, das sich die Wiedereinlösung der 1464 übertragenen Schlösser und Ämter ja vorbehalten hatte. Und daher rührte zugleich weiterhin das formale Obereigentum an den alten „Burglehen“, die die früheren Burgmannenfamilien einst von den Erzbischöfen für ihre Verpflichtung, die Burg gegen jedermann, besonders gegen den Landgrafen, zu verteidigen, als erbliche Rechte erhalten hatten.

Weiterlesen: Der Ausklang (16.-18. Jahrhundert)

  1. Demandt, K. E., Quellen z. Gesch. d. Stadt Fritzlar, 1939, Bd. 2 Nr. 351; Brück in Hess. Jahrb. f. Landesgesch. 2 (1952), S. 48.
  2. Heldmann, A., Stift Wetter, a. a. O., S. 109 f.; Lotzenius, L., Ämter Wetter u. Battenberg, T. 2, S. 170 ff.
  3. Lotzenius, a. a. O.
  4. Heldmann, A., a. a. O., S. 110.
  5. Nicht verkauft: Heldmann, A., a. a. O.; Landau, G., Ritterburgen Bd. 4, S. 174.
  6. Leiß, A., Stud. Waldecker, in Wald. Gesch.Bl. 4 (1904), S.40, 77. Vgl. auch das. 47 (1955), S. 57 f.
  7. Küch, F., Beiträge T. 3, ZHG 29, S. 74 ff., 96 ff.
  8. Küch, F., a. a. O., S. 101 ff.
  9. Landau, G., Ritterburgen 4, S. 141; vgl. Anl. 1.
  10. Demandt, K. E., Quellen z. Gesch. d. Stadt Fritzlar, Bd. 1, 163 ff. u. Bd. 2, S. 492, Nr. 351 mit Anm.
  11. Küch, F., a. a. O., S. 89.
  12. Urkunde v. 25.10.1407; bei Schmincke, J., Dipl. Hass., Bd. 8 S. 49; Schunder, Oberh. Klöster I., Nr. 539; Heldmann, A., Stift Wetter, a. a. O., S. 81.
  13. Gerstenberg – vgl, in Anl. 1; Dilich, W., a. a. O., Bd. 2, S. 226/27; Justi, K. W., a. a. O., S. 158.
  14. Gundlach, F., Hess. Zentralbeh. III, Dienerb., S. 89.
  15. Dilich, W., a. a. O., S. 226.
  16. Vgl. v. Gilsa, in ZHG 22, S. 100.
  17. Landau, G., Ritterburgen 4, S. 143/44.
  18. Landau, G., a. a. O., S. 151; vgl. Anlage 1.
  19. Vgl. Scriba, Regesten von Oberhessen 4/2, Nr. 4858; Günther, C. F., Bilder aus der Lößvorzeit, 1853, S. 447.
  20. Heldmann, A., D. Geschlecht v. Dersch, a. a. O., S. 181/2.
  21. Dilich, W., Hess. Chronik, Bd. 2, S. 324.
  22. Vgl. Brinckmann, 0., Weiderichsh., in Gesch.Beil. d. OP. 52, Nr. 104.
  23. Vgl. Henseling, J., Wüste Orte um Mellnau und Oberrosphe, in Hessenld.-Beil. d. OP. 1961, F. 22.
  24. Vgl. oben zu II. Note 24.
  25. Urkunde v. 11. 3.1343 in Anl. 1.
  26. Heldmann, A., Geschl. v. Dersch, in ZHG 34, S. 163, Nr. 23.
  27. Schäfer, K. H., Ortschaften, s. 3 und 28.
  28. Schäfer, K. H., a. a. O., S. 4 und 26.
  29. Schunder, Oberh. Klöster, 1961, Nr. 1110, 1149, 1206/07.
  30. Claassen, W., Die kirchl. Organisation Althessens, 1929, S. 122.
  31. Bei d. heutigen Haus Nr. 35: „Haus hinter d. Kirche“, Lager-, Stück- u. Steuerbuch v. Mellnau (StAM.) 1785; vgl. Justi, K. W., a. a. O., Ansicht bei S. 140; Landau, G., Ritterburgen 4, S. 176/7; Sangmeister, E., a. a. O., S. 28; Schäfer, K. H., a. a. O., S. 28; Schunder, F., Oberh. Klöster, Nr. 219.
  32. Claassen, W., D. kirchl. Organisation, S. 122.
  33. Justi, K. W., a. a. O., 5. 160.
  34. Henseling, J., Wüste Orte, a. a. O., 1961 F. 23.
  35. Vgl. Berndt, H., Der Burgwald, S. 161 ff.; Hamel, H., a. a. O.
  36. Vgl. Schunder, F., Die v. Löwenstein, Bd. I, S. 178.
  37. Z. Folgenden: Schunder, F., a. a. O., 5. 180.
  38. Urkunde bei Schunder, F., a. a. O., Bd. 2 Nr. 342; Anl. 1.
  39. Schunder, F., a. a. O., Bd. 1, S. 181.
  40. Landau, G., Ritterburgen 4, S. 146; Urkd. in Anl. 1.
  41. Urkd. bei Schunder, F., a. a. O., Bd. 2, Nr. 420; v. Brockhusen, H. J., D. Löwensteiner Kreuz II, in Gesch.Beil. OP 53, Nr. 124.
  42. Demandt, K. E., Quellen z. Gesch. d. Stadt Fritzlar, S. 163 ff., Urkunden das. Nr. 406, 410, 421, 437, 446.
  43. Küch, F., Quellen z. Rechtsgesch. d. Stadt Marburg, Bd. 2, S. 40 u. 274 ff.
  44. Gundlach, F., Hessen u. d. Mainzer Stiftsfehde 1461/63 (1889), S. 20 ff.; Lotze¬nius, U., Ämter W. u. B., Bd. 2, S. 177 ff.
  45. Gundlach, F., a. a. O., S. 22 f.; Heldmann, Stift Wetter, S. 117; Demandt, K. E., Quellen, s. 161; Urkd. in Anl. 1.
  46. Gundlach, F., a. a. O., s. 25 ff.
  47. Gundlach, F., a. a. O., s. 36 ff.
  48. Gundlach, F., a. a. O., S. 23/24; Anlage 1.
  49. Gundlach, F., a. a. O., S. 37, 48.
  50. Gundlach, F., a. a. O., S. 48 ff., 58 ff.
  51. Landau, G., Ritterburgen 4, S. 175; Heldmann, A., Stift Wetter, S. 118; Görich, W., Spiel mit Städten u. Burgen, in Gesch.Beil. d. OP 1949 Nr. 21; Demandt, K. E., Gesch. d. Landes Hessen, S. 161 u. 242; vgl. Anl. 1.
  52. Justi, K. W., a. a. O., S. 159/60; Heinemeyer, W., Polit. Archiv d. Landgr. Philipp, Bd. 4 (1959) Nr. 2087 N; Heldmann, A., Stift W., S. 121; Schäfer, K. H., Ortschaften, S. 28; Boucsein, H., D. Burgw., S. 55; vgl. Anlage 1.
  53. Heldmann, A., a. a. O., S. 124; Steiner, Gesch. der Freiherrn von Waldeck zur Rabenau, 1846, S. 80, 112.
  54. Heldmann, A., Stift Wetter, S. 127.
  55. Landau, G., Ritterburgen 4, S. 175; Heldmann, A., a. a. O., S. 121; Lotzenius, L., Ämter II, S. 177 ff.; derselbe in ZHG 30, S. 358 ff.
  56. Schunder, F., Die v. Löwenstein, Bd. II, Nr. 21.
  57. Landau, G., a. a. O., S. 147 u. 175; Lotzenius, L., a. a. O.
  58. In diesem Jahr ließ er sich deshalb in Wetter und den anderen Städten ausdr. als alleinigem Herrn huldigen, vgl. Kopp, C. Ph., Ausf. Nachr. v. d. geistl. u. Civilgerichten, 1798, Bd. I Nr. 49.
  59. Landau, G., a. a. O., S. 147; Heldmann, A., a. a. O., S. 121; Gundlach, Hess. Zentralbeh. III, Dienerb. S. 90 und 426.
  60. Heldmann, A., a. a. O., S. 118.
  61. Heldmann, A., a. a. O., S. 119 Anm.
  62. Vgl. Belehnung v. 10. 8. 1543; Heldmann, A,- S. 110 und 119; Sangmeister, E., O., S. 27; Scriba, Regesten 7, Nr. 2564.
  63. Justi, K. W., a. a. O., S. 161; Heldmann, A., a. a. O., S. 118/20, Anm.
  64. Heldmann, A., a. a. O., S. 125; Urkd. in Anl. 1.
  65. Heldmann, A., a. a. O., S. 120.
  66. Görich, W., Spiel mit Städten u. Burgen, a. a. O., Nr. 21.
  67. Küch, F., Quellen z. Rechtsgesch. d. Stadt Marburg, Bd. 2, S. 233 ff.: Demandt, K. E., Gesch. v. Hessen, S. 394.
  68. Rommel, Chr. v., Gesch. von Hessen, Bd. 3, Anh. S. 76, Anm. 75.
  69. Vgl. Theuner, Mittelalterl. Burgenkunde, in Mitt. d. VHG 1900, 5. 47 ff.

D
as neue Jahrhundert begann für die Burg Elnhog mit einer unerfreulichen Überraschung. Nachdem endlich der Landgraf und der Erzbischof miteinander einig waren und sich nicht mehr bekriegten1, brach plötzlich ein Krieg zwischen dem Erzbischof und dem König aus, der das ganze Hessenland in Mitleidenschaft zog2. Der König ernannte zu seinem Oberbefehlshaber in Hessen seinen Reichsvogt in der Wetterau, Graf Ulrich 1. von Hanau. Der zog im Jahre 1301 mit einem ansehnlichen Ritterheere zuerst gegen Mainz und an den Rhein, wo er überall siegreich blieb3, und dann über Gießen nach der Ohmebene, wo er die Amöneburg eroberte, und von dort auch bis in das Wetschaftstal herauf.

Eine Ansicht der Burg Mellnau in unzerstörtem Zustand ist nicht bekannt. DerPhantasie des Künstlers bleibt es vorbehalten, was war, in einem Rekonstruktionsversuch bildlich darzustellen. Ausschnitt aus einem Aquarell von H. Dauber.

Eine Ansicht der Burg Mellnau in unzerstörtem Zustand ist nicht bekannt. Der
Phantasie des Künstlers bleibt es vorbehalten, was war, in einem Rekonstruktionsversuch bildlich darzustellen. Ausschnitt aus einem Aquarell von H. Dauber.

Es scheint, daß er dabei auch die junge Burg Elnhog, die ja dem Erzbischof gehörte, angegriffen und erobert hat. Jedenfalls mußten anschließend4 die Brüder Arnold und Werner von Hohenfels, ihr Neffe Johann von Hohenfels gen. Schreiber, ihr Schwager Johann de Palude (d. h. vom Bruche zu Anzefahr) und Johannes Riedesel, sämtlich damals Ritter und Burgmannen zu Mellnau, ebenso wie der erzbischöfliche Ritter und Feldhauptmann Ludwig Kalb zu Amöneburg5, den siegreichen Grafen von Hanau als ihren Herrn anerkennen und ihm persönlich Kriegsentschädigung leisten. Am 22. 12. 1301 bekannten sie vor dem Rat der Stadt Wetter öffentlich, daß sie ihm aus ihren eigenen Gütern und Höfen in Engelbach, Oberrosphe, Rode bei Anzefahr und Heimbach bei Gemünden eine jährliche Rente von 5 Silbermark (heute etwa 120 DM) übertragen hatten. Kraft I. von Hatzfeld, seit über 25 Jahren auf Burg Elnhog und damals wohl Dienstältester, besiegelte den Vertrag. – Das wäre dann der 2. Angriff gegen die junge Burg gewesen. Vielleicht ist bei diesem Angriff auch der älteste Turm der Burg zerstört oder schwer beschädigt worden, denn in der Folgezeit wird wiederholt von Arbeiten an dem neuen Turm berichtet. Vielleicht hatten jene Mellnauer Burgmannen auch nur in dem geschlagenen Fähnlein des Ludwig Kalb mitgekämpft, während der alte Kraft von Hatzfeld auf Burg Mellnau Wache hielt. Wie lange ihre Unterwerfung unter Graf Ulrich von Hanau gedauert hat, ist nicht bekannt. Jedenfalls hat dieser alsbald danach den Erzbischof völlig besiegt.

Auf Burg Elnhog blieb es seitdem anscheinend längere Zeit ruhig. Die Burg unterstand damals immer noch der unmittelbaren Verwaltung von Amöneburg. Der dortige „Kellner“ (Finanz- und Wirtschaftsbeamte des Erzbischofs), meist ein Geistlicher, war zuständig für die Erhebung der notwendigen Abgaben und Steuern, um den weiteren Ausbau und die Unterhaltung der Burg zu finanzieren, für die Bezahlung der dortigen Handwerker und Unterbeamten, für die Versorgung der Burgmannen, Burgwächter usw.6. Als Unterbeamte waren in Mellnau zuweilen sog. „Prokuratoren“ eingesetzt, so 1324 bis 1327 ein Johann Weyner (d. h. Wagner)7. Militärisch unterstand die Burg am Anfang des Jahrhunderts wieder einem erzbischöflichen Oberamtmann. Das war von 1300 bis 1305 Graf Otto von Waldeck, der zugleich Pfandherr auf der jetzt erzbischöflichen Burg Battenberg war, und anschließend bis 1308 sein Sohn Graf Heinrich von Waldeck, der Schwiegersohn des letzten Grafen von Battenberg8. Auch sie setzten auf den einzelnen Burgen, auf denen sie nicht residierten, meist Burghauptleute oder Unteramtmänner für die militärischen Aufgaben ein, meist Ritter oder Edelknechte. So war mainzischer Unteramtmann auf Elnhog von 1324-26 der „Waffenknecht“ Johann Rufus (d. h. Rode) von Dernbach, aus dem Marburger Burgmannengeschlecht, und 1326-27 der Waffenknecht Siegfried von Biedenfeld, aus dem Frankenberger Burgmannengeschlecht9. – Allerdings scheinen die mainzischen Unterbeamten nicht immer sehr beliebt gewesen zu sein. Denn als im Jahre 1305 der Beauftragte des Grafen von Waldeck in Wetter Gericht halten wollte, griffen ihn und seine Begleiter die Bürger der Stadt Wetter tätlich an, ein Teil seiner Begleiter wurde der Pferde beraubt und gefangen abgeführt, so daß sich der Graf bei dem Erzbischof ernstlich beschwerte10.

Die Vorfahren des Wetterschen Herrschaftlichen Stiftsvogts Philipp von Dernbach gehörten zu den Burgmannen auf Mellnau. Grabplatte in der Stiftskirche zu Wetter

Die Vorfahren des Wetterschen Herrschaftlichen Stiftsvogts Philipp von Dernbach gehörten zu den Burgmannen auf Mellnau. Grabplatte in der Stiftskirche zu Wetter.

Wieweit die Burg Elnhog in die neue hessisch-mainzische Fehde von 1315 bis 1316 verwickelt war, die schließlich mit einem Waffenstillstand endete, ist nicht ersichtlich. Als mainzische Stützpunkte werden damals nur Battenberg und Rosenthal (Bentreff) genannt11. – Im übrigen nutzten die mainzischen Beamten die für Mellnau offenbar ruhigeren Zeiten, um die Burg weiter auszubauen und besser zu befestigen. Schon 1312 wurde nach einer Urkunde wieder an der Burg gebaut. Und als der Amöneburger „Kellner“ Brunhardt 1316 gestorben war12, wurde eine Bestandsaufnahme gemacht, nach welcher sich in „Ellenog“ 4 Pferde der erzbischöflichen Verwaltung befanden, die dort für den Turmbau arbeiteten, nebst 37 Malter und 1 Scheffel (etwa 150 Ztr.) Hafer. — In der Burg gab es damals auch schon eine Burgkapelle, in der 1325 der Kaplan Dietmar Schütze aus Wetter den Gottesdienst versah13. Sie lag wohl unmittelbar hinter dem östlichen Tor, an sie erinnerte früher noch ein spitzbogiges Fenster über der östlichen Eingangspforte. – Auch außerhalb der Burg wurde gebaut, vor allem wurden neue Ritterwohnungen im „Tal“ östlich der Burg errichtet. So versprach Erzbischof Matthias von Mainz 1322 den Rittern Heinrich Kalb und Volpert genannt Hosekin von Hohenfels, die bisher im Dienst des Landgrafen gestanden hatten, für den Fall, daß sie als Mainzer Burgleute nach der Burg Elnhoc gehen würden, ihnen dort entweder 2 Wohnungen oder 10 Pfund Heller Geld und das nötige Holz zum Bau neuer Häuser anzuweisen, neben der jährlichen Besoldung (dem „Burglehen“) von 4 Silbermark (etwa 100 DM). Tatsächlich befand sich dann Ritter Volpert von Hohenfels von 1324-26 als erzbischöflicher Burgmann auf Elnhog14, und zu dem Burglehen der von Treisbach gehörten später außer ihren sonstigen Einkünften auch 2 Häuser „im Tal“. – Ebenso scheint die Verlegung weiterer ritterlicher Stiftshöfe aus dem Wiesengrund von Kene (westlich der Burg) auf die Höhe des Berges weitere Fortschritte gemacht zu haben. Zwar sagte man damals noch immer „prope Kene“ (bei Kene), wenn man Güter bei Mellnau meinte15, denn schließlich war jenes Bauerndörfchen tief unten schon fast 1000 Jahre, die neue Bergsiedlung bei der Burg aber noch keine 100 Jahre alt. Im Jahre 1315/16 gab es aber immerhin in Atzbach (heute wüst bei Bauerbach) bereits einen Bauern namens Heinrich Ellenoger (Mellnauer), der dort den Hof des Amöneburger Ritters Volpert Hofherr bebaute16. Sein Enkel Heinrich Elnhoger, mit dem schönen Beinamen Furz, mußte sich 1392 vor dem Pfarrer in Seelheim verantworten wegen eines Streites mit dem Prior des Deutschen Hauses zu Marburg, dem Volpert Hofherr damals den Hof verkauft hatte17.

In dessen scheint den Mainzer Erzbischöfen die dauernde Unterhaltung ihrer vielen Burgen allmählich zu kostspielig geworden zu sein, zumal ihre fortgesetzten Kriegszüge und sonstigen politischen Händel zunehmend ihre Kassen leerten und sie zwangen, immer häufigere und immer höhere Schulden zu machen. Darum verpfändeten sie von nun an die Burg Elnhog laufend an verschiedene Edle und Ritter des Landes, denen sie erheblich verschuldet waren, sei es durch Kriegsdienste oder dadurch, daß jene ihnen Darlehen gegeben hatten18 . Diese Pfandherren mußten ihnen zwar regelmäßig weiter Kriegsdienste leisten, und ihre Rechte und Pflichten wurden durch Vertrag genau festgelegt. Im übrigen waren sie aber nunmehr für die Dauer der Pfandschaft, d. h. bis zur Tilgung der Schuld, selbständige Burgherren, und zwar Burghauptmann und Amtmann zugleich19. Als Burghauptleute beherrschten sie die Burg und was dazu gehörte, und waren für ihre Verteidigung verantwortlich; als Amtmänner regierten sie zugleich das ganze umliegende Land (das Amt Wetter). Sie zogen die mainzische Hälfte der Einkünfte (Steuern und Abgaben) von den Dörfern und der Stadt Wetter für sich ein und verwandten sie z. T. zu ihrer eigenen Befriedigung als Vergütung für ihre Amtstätigkeit; sie bejagten und nutzten den zugehörigen Burgwald und Wollenberg; sie hielten auf der Burg oder in Wetter Gericht über die Amtseinwohner und zogen diese selbstherrlich zu allen Diensten heran, die sie für notwendig hielten. Für die laufenden Verwaltungsgeschäfte hatten sie allerdings auch regelmäßig wieder einen Unteramtmann, auch Schultheiß oder Schreiber genannt20, der meist in Wetter wohnte, ebenso wie der landgräfliche Schultheiß, der dessen Verwaltungs- und Gerichtsgeschäfte im Amt erledigte.

Der erste dieser Pfandherren auf Burg Elnhog war der Ritter Konrad von Elkershausen (bei Weilburg), vorher Amtmann und Schultheiß zu Amöneburg 21 . Ihm schuldete der Erzbischof Matthias von Mainz Anfang 1327 schon 750 Pfund Heller (= Mark). Für diese Schuld wurde ihm das „Schloß Elnhog“ – das er danach mit seiner Frau Luckhardt und seinen Kindern 15 Jahre lang bewohnte – nebst dem Forst (dem Burgwald) verpfändet. Bald darauf hatte er auch gleich Gelegenheit, dem Erzbischof seine Treue zu beweisen. Denn im Frühjahr 1327 führte Erzbischof Matthias nach sorgsamer Vorbereitung einen überraschenden Kriegszug gegen Landgraf Otto von Hessen. Am Sonntag vor Pfingsten, den 24. Mai, kam es bei Amöneburg zu einem blutigen Gefecht zwischen den dortigen Truppen des Erzbischofs und sie angreifenden Marburger Truppen des Landgrafen, bei dem die Marburger aber mit hohen Verlusten unterlagen und schmählich fliehen mußten22. An diesem Gefecht nahm auch Konrad von Elkershausen als Mellnauer Burghauptmann mit seinen dortigen Rittern und Edelknechten teil. Die Nachrichten eines Chronisten, er sei in diesem Kampf erschlagen worden23, kann allerdings nicht stimmen, denn er lebte noch lange danach.

Im Gegenteil: Mit dem Nachfolger des Erzbischofs Matthias, der bald darauf starb, nämlich mit Erzbischof Baldewin, schloß er am 21. 6. 1329 einen neuen Pfandvertrag über die „Feste Elnhog und den Forst“24 und was dazugehört, wobei er dem Erzbischof – außer in bar geliehenen 1250 Pfund Heller – noch die von Erzbischof Matthias geschuldeten 750 Pfund Heller und ferner wegen der inzwischen geleisteten Kriegsdienste, wegen Schäden und Kosten weitere 200 Silbermark in Rechnung stellte. Dagegen nahm der Erzbischof diese Gelegenheit wahr, um recht wesentliche Mängel zu beseitigen, die die Burg Elnhog immer noch hatte: Es fehlte ihr vor allem noch ein massiver hoher Turm, und es fehlte an Wasser. Ritter Konrad von Elkershausen mußte sich deshalb ferner verpflichten, binnen 2 Jahren weitere 200 Mark (heute etwa 5000 DM) – allerdings auf Kosten des Erzbischofs – „zu verbauen“ an einem Turm25, einer steinernen Pforte und einer Zisterne (Becken zum Auffangen von Regenwasser)26 „und anderswo, wo es am meisten nötig ist“.

Mittelalterlicher Burgbau

Mittelalterlicher Burgbau

Für diese Schuld von zusammen 2000 Pfund Heller (= DM) und 400 Silbermark (= 10000 DM) verpfändete ihm also der Erzbischof sein „vorgenanntes Haus Elnhog und den Forst, die er schon innehatte, und dazu das ganze Gericht und die Herrschaft des Amtes Wetter mit allem was dazu gehört, es sei an Dörfern und Gerichten, Wäldern und Feldern, Wasser und Weiden und was da ist, es sei genannt oder ungenannt, und wie man es immer nennen mag.“ Dafür sollte er allerdings dem Erzbischof auch jederzeit dienen und die Burg wie die gesamte Herrschaft in Ehren erhalten wie sein eigenes Gut, und die Leute und ihr Gut nicht bedrängen noch besteuern über Recht und Gewohnheit hinaus27. Tatsächlich ist damals, um 1330, der Turm also so gebaut oder besser endgültig fertiggestellt worden, wie er noch heute, von der Zeit kaum angenagt, über die Lande schaut.

An dem Kriege zwischen Erzbischof Matthias und Landgraf Otto (1327/28) hatte auch der junge Mellnauer Knappe und spätere Ritter Konrad Milchling teilgenommen, dessen gleichnamiger Großvater einer der ersten Burgmannen auf Elnhog gewesen war und dessen Oheim Ruprecht Milchling soeben Amtmann zu Amöneburg war. Für seine Dienste und Verluste in dem Kriege gab ihm Erzbischof Baldewin in den folgenden Jahren außer einer Barvergütung von 21 Silbermark (rund 500 DM) noch verschiedene Güter bei Schönstadt im Wert von 80 Mark (= rund 2000 DM)28. Seitdem nannten sich Konrad und seine Nachkommen „Milchling von Schönstadt.“

Als Burgmannen dienten in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts auf Burg Elnhog – außer verschiedenen Angehörigen der schon genannten Familien aus der Umgebung: Knibo, von Hatzfeld, von Hohenfels, von Treisbach, von Heppenberg und Milchling von Schönstadt – neuerdings auch noch einige Ritter und Edelknechte aus anderen Gegenden Hessens, die der Erzbischof anwarb und mit weiteren „Burglehen“ versah29. So die Ritter Johann Riedesel (aus dem Ziegenhainischen, um 1300/10, später in Rauschenberg30 ; und Konrad von Heimbach (bei Burggemünden 1309/10); die „Edelknechte“ Johann und Volpert von Dernbach (bei Gladenbach, 1324/26), Arnold von Wiera (bei Treysa 1312-1341), an dessen Stelle dann Konrad von Michelbach, wohl sein Schwiegersohn, trat31. Überhaupt waren die Burgmannen vielfach untereinander verwandt und verschwägert. So hatte Kraft I. von Hatzfeld eine Jutta von Heimbach zur Frau, Johann Riedesel war ein Schwager Konrads von Heimbach, Arnold III. von Hohenfels war mit Christine von Treisbach, Johann de Palude (von Anzefahr) mit Christine von Hohenfels verheiratet, und Ludwig von Heppenberg war offenbar der Schwager von Mengot Knibo II, von Elnhog. Sie wohnten regelmäßig für die Dauer ihres Dienstes mit ihren Familien nahe bei der Burg, lebten von ihrem „Burglehen“ (der bei ihrem Eintritt vereinbarten Vergütung) und waren vertraglich zur Verteidigung der Burg sowie zur Treue gegenüber dem Erzbischof verpflichtet. – Im Jahre 1343 kam noch der Waffenknecht Andreas von Fleckenbühl (bei Schönstadt) als „Erbburgmann“ auf dem „Haus Elenhoug“ hinzu. Er erhielt auf Lebenszeit an Stelle einer jährlichen Rente von 6 Pfund Heller den erzbischöflichen Rottzins (Medem genannt) von den Äckern und Wiesen am Dammberg bei Mellnau, die damals offenbar grade neu gerodet worden waren. Im übrigen hatten die von Fleckenbühl damals bereits einen eigenen freien Hof in Kene. Andreas sollte sich diese erzbischöfliche Rente „verdienen mit Sitzen auf der Burg in Kriegs- und anderen Zeiten, wenn es nötig ist, mit treuen Eiden und Diensten, wie die anderen Burgmannen auf Elnhog zu tun pflegen nach Gewohnheit und Recht.“ Andreas brauchte also nur in Kriegs- und Notzeiten zur Verteidigung der Burg bereit zu stehen, im übrigen wohnte er – wie übrigens seitdem auch die Milchlinge – auf seinem Gut bei Schönstadt. Er ahnte nicht, daß seine Nachkommen um 1500 die letzten Amtmänner auf Burg Mellnau sein würden.

Mit seinen Amtmännern auf Burg Elenhog hatte der Erzbischof von Mainz in den Jahren zwischen 1340-1350 einigen Kummer. Sie wechselten in diesen Jahren allein 5mal32, ohne daß die Gründe für den Wechsel jeweils klar ersichtlich wären. Möglich, daß es mit den damaligen verworrenen politischen und kirchlichen Verhältnissen zusammenhing, denn es gab zu der Zeit 2 Erzbischöfe von Mainz, die sich mit Hilfe verschiedener Fürsten heftig bekriegten. Schon 1341 hatte sich Erzbischof Heinrich mit dem Grafen Gottfried von Arnsburg (bei Gießen) nach einem Streit in Wiesbaden dahin geeinigt, daß sie sich gegen die von Elkershausen, die noch auf Elnhog saßen, beide gegenseitig beistehen wollten „bis zur Erfüllung der Forderungen, die das Stift zu Mainz gegen diese habe“.

Die Stammburg der Ritter von Hatzfeld

Die Stammburg der Ritter von Hatzfeld

Ferner sollte der Graf dem Erzbischof 2700 Pfund Heller (= DM) leihen, mit denen er die Burg Elnhog und seinen Teil an Stadt und Amt Wetter wieder einlösen wollte; dafür sollte der Graf an Stelle der von Elkershausen – die dann abziehen mußten – Pfandherr von Wetter und Mellnau werden. Tatsächlich hat der Graf die vereinbarte Summe offenbar gezahlt, denn im April 1342 wurde die Burg nebst Zubehör durch den Erzbischof eingelöst und auf den Grafen übertragen33. — Dieser scheint sein Amt aber kaum angetreten zu haben, denn schon 1343 erscheint der frühere Mainzer Oberamtmann und Edle Ritter Hermann von Lisberg (Liebesberg in der Wetterau) mit seiner Frau Else als Pfandherr und Amtmann in Mellnau und Wetter, und zwar bis zum Sommer 134734. Ihm folgte Anfang 1348 der erzbischöfliche Erbamtmann und Edle Ritter Heinrich von Hanstein (an der Werra) als Pfandherr des „Hauses Elnhog“35. Aber auch diese Verpfändung dauerte nur ganz kurze Zeit, denn im Dezember 1348 wurde das „Schloß Elnhoug“, nunmehr wieder auf lange Zeit, für 3500 Pfund Heller (= DM) an die Brüder Guntram und Kraft von Hatzfeld verpfändet. Damit begann die militärisch und politisch bedeutsamste Zeit der Burg36.

Ritter Guntram I. von Hatzfeld war schon 1332, zusammen mit seinem Vetter Johann I.37, die beide damals noch auf ihrer Burg Hatzfeld wohnten, gegen Zuteilung entsprechender „Burglehen“ sowohl auf Hatzfeld wie auf Elnhog in den Dienst des Erzbischofs getreten38. Ihre Väter, Gottfried I. und Kraft II, von Hatzfeld, Söhne Krafts I., waren nacheinander erzbischöfliche Amtmänner zu Amöneburg gewesen, hatten aber gleichzeitig schon 1309/11 auch dem Landgrafen ihre Burg Hatzfeld sowie eigene Güter in Wollmar, Simtshausen und bei Kene überlassen39. Guntrams Vater war danach sogar kurze Zeit landgräflicher Amtmann zu Marburg gewesen40. Sie strebten offenbar danach, sich aus den vielen Streitigkeiten zwischen beiden herauszuhalten und sich mit beiden Teilen gut zu stellen oder daraus Nutzen zu ziehen. Guntram erbte dann von seinem Schwiegervater Heinrich von Obenrode (bei Amöneburg) noch dessen Ritterhof zu Goßfelden, die „Burg an der Lahn“, dazu, die 1335 dem Erzbischof von Mainz zu Lehen übertragen worden war; damals diente er wohl schon auf Elnhog41. Im folgenden Jahr, 1336, zog er unter Erzbischof Baldewin für diesen sogar in einen Krieg nach Thüringen, wurde aber dort gefangen genommen und kehrte geschlagen zurück42. Um sich – wie die Väter – auch mit der andern Seite gut zu stellen, übertrug er dann zusammen mit seinen Brüdern und Vettern die gemeinsame Burg Hatzfeld wieder dem Landgrafen Heinrich II.43. Danach ging er für einige Zeit „außer Landes“ und wurde um 1340 kölnischer Burgmann zu Siegen44. Anschließend geriet er sogar, zusammen mit seinem jüngeren Bruder Kraft IV., 1346/47 in eine kriegerische Fehde bei Amöneburg gegen den Erzbischof selbst, und zwar wegen der Erschlagung ihres Onkels Werner von Schweinsberg45, wonach sie sich am 3. 10. 1347 mit dem damaligen Amtmann von Amöneburg wieder aussöhnten. Immerhin scheinen beide, zumal sie edler Abkunft waren, bei ihren Kriegszügen jeweils nicht nur eine führende Rolle gespielt, sondern auch gut verdient zu haben.

Als daher im Herbst 1348 der bisherige Amtmann von Mellnau, Heinrich von Hanstein, überraschend auf sein Amt wieder verzichtete, um als Erbamtmann auf seine Burg an der Werra zurückzukehren, ritten Guntram und Kraft IV.46 von Hatzfeld nach Mainz zum Sitz des Erzbischofs und begehrten mit Erfolg, ihnen gemeinsam als Pfandherren die Burg „Elnhouge“ und das zugehörige halbe Amt Wetter zu übertragen47. Sie berechneten dabei dem Erzstift zunächst noch für den Kriegszug Guntrams nach Thüringen (1336) und seine Gefangenschaft für den Erzbischof 500 Pfund Heller (= DM), für ihren Schaden in der Fehde von 1346/47 gegen den Erzbischof weitere 500 Pfund Heller, und liehen zugleich dem Erzbischof für künftige Kriege aus ihrer Tasche noch 2500 Pfund Heller. Für diese 3500 Pfund Heller wurden sie beide auf Lebenszeit die Herren von Mellnau „mit allem was dazu gehört, an Gerichten, an Steuern und Abgaben, an Wäldern, Wassern und Weiden, wie es auch genannt sei“. Dafür wurden sie verpflichtet, die Leute und die Güter, die zu dem „Haus Elnhog“ gehörten, getreulich zu verteidigen und zu schützen, sie zu keinen ungewöhnlichen Diensten noch Abgaben zu drängen, dem Erzbischof jederzeit die Festen Elnhog und Wetter offen zu halten, und beide zu unterhalten mit Leuten und mit Geld. Jeder Burghauptmann, der auf Elnhog gesetzt würde, sollte ebenso wie alle Burgmannen, Burgbewohner, Turmwächter und Pförtner nicht eingestellt werden, bevor sie nicht sowohl dem Erzbischof – weil ihm die Burg gehörte -, wie auch den Brüdern von Hatzfeld – weil sie ihr Geld dafür gegeben hatten – Gehorsam und Treue geschworen hätten. Sie selbst aber schwuren, dem Erzbischof niemals Schaden zu tun oder tun zu lassen und ihm treu und behilflich zu sein, wie es Amtmänner billig tun sollten. — Diesen Eid haben beide bis zu ihrem Tode (Guntram 1382, Kraft 1387) getreulich gehalten.

Schon bald nach der Amtsübernahme in Mellnau hatten sie Gelegenheit, dem Mainzer Erzstift ihre Treue zu beweisen. Im Jahre 1349 führte Erzbischof Heinrich von Mainz einen Feldzug gegen König Heinrich von Böhmen, der seinen Gegenbischof Gerlach von Nassau unterstützte. Guntram von Hatzfeld, dessen Bruder früher im Dienst der Nassauer gestanden hatte, nahm daran zwar selbst nicht teil, ließ aber seinen Sohn Gottfried II. von Hatzfeld 1 Jahr lang dabei auf Mainzer Seite mitkämpfen. Da der Erzbischof den vereinbarten Sold von 120 Pfund Heller nicht bezahlen konnte, ließ er den Betrag auf die Summe, die er Guntram für das „Haus Mellnau“ und Wetter schuldete, draufschlagen48. — Im Sommer 1350 führte der Erzbischof einen weiteren Krieg gegen Landgraf Heinrich II, von Hessen und seine Helfer, die den Gegenbischof ebenfalls unterstützten. Auch diesmal beteiligte sich Guntram nicht unmittelbar, weil er es wohl mit dem Landgrafen, dem er ebenfalls verpflichtet war, nicht ganz verderben wollte. Aber sein Bruder Kraft IV., damals Burghauptmann auf dem „Haus zum Elenhoge“, nahm den Kampf auf. Er warb sogar eine Truppe von 30 Mann (15 behelmte Ritter und 15 gepanzerte Edelknechte) zunächst auf eigene Kosten für 1/4 Jahr zum Dienst auf der Burg Mellnau an, zahlte jedem Behelmten als Sold 20 Pfund Heller und jedem Gepanzerten 10 Pfund Heller, gab ihnen dazu Kost und Unterkunft und bezahlte den Hufschlag für die Pferde, gewann Kundschafter und heimliche Boten und bezahlte auch ihnen den verdienten Botenlohn. Mit diesen Truppen führte er von Mellnau aus Streifzüge nach Frankenberg, Biedenkopf und Marburg aus49. Nach Beendigung der Kämpfe rechnete er wieder mit dem Erzbischof ab. Er berechnete ihm für seine eigene Dienste 200 Pfund Heller, für die Besoldung der angeworbenen Truppe 450 Pfund, für ihren Unterhalt 575 Pfund und für den Botenlohn weitere 100 Pfund Heller. Da der Erzbischof das wieder nicht bezahlen konnte, ließ er die Gesamtsumme von 1325 Pfund Heller wiederum auf die Schuldsumme für Mellnau und Wetter draufschlagen. Damit waren es schon fast 5000 Pfund Heller, für die ihnen die Burg und das Amt verpfändet war.

Nachdem Erzbischof Heinrich 1353 gestorben war, kam es unter Erzbischof Gerlach um 1356/57 zu neuen Fehden um Wetter und Mellnau, unter denen besonders das Wettersche Stift sehr zu leiden hatte. Sie setzten sich fort in neuen Kämpfen von 1360/6150. „In diesen Jahren wurden die Junker von Hatzfeld des Landgrafen zu Hessen Feind und taten besonders denen von Frankenberg vielen Schaden“51. Die Kämpfe waren für beide Teile ebenso kostspielig wie erfolglos. Sie endeten daher – wie 100 Jahre zuvor! – mit einem vorläufigen Friedensvertrag, und zwar derart, daß beide Teile je 2 ihrer angesehensten Ritter einsetzten, die über die beiderseitigen Klagen entscheiden sollten. Der Erzbischof ernannte dazu seine Mellnauer Ritter Kraft von Hatzfeld und Hermann von Falkenberg, der Landgraf seine Marburger Ritter Rudolf Scheuernschloß und Kraft Rode als Schiedsrichter. Am 25. 1. 1362 fällten die 4 „Ratmannen“ ihren Spruch: Der Erzbischof klagte, er sei durch den Landgrafen und seine Leute, namentlich durch Herrn Johann von Breidenbach (bei Biedenkopf) in seinem Gericht Münchhausen um 300 Mark geschädigt worden; das Urteil lautete: „Ist das so, so ist dem Erzbischof rechtmäßig Ersatz zu leisten.“ – Der Landgraf klagte dagegen, seinem Land und seinen Klöstern sei von den erzbischöflichen Burgen Battenberg und Mellnau aus großer Schaden zugefügt worden an Toten und Verwundeten, durch Raub und Brand; der Schaden betrage – ohne die Toten – schätzungsweise 20 000 Mark Silber. Das Urteil lautete: „Da der Landgraf den, der den Schaden getan hat, nicht mit Namen nennt, so soll erst der Schuldige genannt und dann das Urteil gesprochen werden.“ – Das klingt seltsam, denn von der Burg Mellnau aus waren es die „Schiedsrichter“ Kraft von Hatzfeld und Hermann von Falkenberg ja selber gewesen. Aber vielleicht wollten sie sich grade deshalb vor der Entscheidung drücken, denn sie konnten sich ja nicht selbst verurteilen!

In jenen Kämpfen war anscheinend auch der letzte Mengoz Knibe von Elnhog gefallen, der noch 1356 vom Erzbischof erneut mit den alten Burglehen seiner Väter betraut worden war. An seine Stelle trat deshalb 1361 als neuer Burgmann Hermann von Falkenberg (bei Wabern), dem der Erzbischof 1354 und 1359 die erst 20 Jahre zuvor gegründete Burg und Stadt Rosenthal verpfändet hatte. Für seinen Burgdienst auf Elnhog erhielt er 1362 die obengenannten Burglehen der Knibos (die Höfe zu Mellnau, Warzenbach und Brungershausen, das Gericht zu Hollende und Bannebach, den Zehnten daselbst und zu Roda) als Vergütung dazu52. Seine 1. Frau war Agnes, Tochter Hermanns (des letzten) von Anzefahr, und seine Tochter war damals Nonne im Stift Wetter. Nachdem seine erste Frau gestorben war, verkaufte er später die ererbten Güter von Anzefahr und übertrug 1364 die Mellnauer Burglehen seiner 2. Frau Else, Tochter Volpert Hosekins von Hohenfels, zum Nießbrauch auf Lebenszeit. Erst 1388 fielen sie wieder an den Erzbischof zurück, der sie 1391 an den neuen Burgmann Friedrich von Erfurtshausen (bei Amöneburg) übertrug53.

Auch nach dem Schiedsspruch von 1362 hörten die Streitigkeiten keineswegs auf, denn es war eine kriegerische Zeit, in der die blutigen Fehden kein Ende nahmen. Schon 1363/64 lagen die von Hatzfeld wieder mit dem Landgrafen im Kampf. Diesmal wurden Ritter Guntram und sein Sohn samt ihren Helfern von dem Landgrafen in einer offenen Fehde bei Wetzlar geschlagen54. In einem neuen Schiedsspruch, an dem wieder Hermann von Falkenberg von Elnhog auf der einen und Kraft Rode von Marburg auf der andern Seite beteiligt waren, wurden beide verpflichtet, gegenseitig alle Gefangenen zurückzugeben, keinerlei Rache zu üben und alle Ansprüche gegeneinander fallen zu lassen. Ja Herr Guntram sollte sogar „wieder Erbburgmann des Landgrafen“ werden und der Landgraf solle ihm die geschuldete Summe auszahlen, und zwar in 2 Raten, „von dem Pfand, das Unser Herr der Kaiser dem Landgrafen gesetzt hat“55. Ob mit diesem Pfand die Burg Mellnau gemeint war, ist nicht ganz klar. Immerhin spricht dafür, daß von einem andern Pfand Guntrams von Hatzfeld damals nichts bekannt ist. Andererseits waren denen von Hatzfeld nach einer anderen Urkunde damals offenbar ihre Pfandrechte zu Mellnau und Wetter vorübergehend entzogen worden56 und einem Ritter Konrad von Falkenberg gen. von Hebel (bei Wabern), einem Vetter Hermanns von Falkenberg, übertragen. Denn um 1365 teilte ein Ungenannter dem Erzbischof mit, jener habe „Elhog“ denen von Hatzfeld, als er es ihnen herausgeben sollte, nicht überlassen wollen, wenn sie ihm nicht 80 Mark (rund 2000 DM!) mehr gäben, als die in den Pfandbriefen festgesetzte Summe ausmachte57. Spätestens 1366 waren Guntram und Kraft von Hatzfeld aber wieder im Besitz der Burg und des Amtes. Der Landgraf dagegen mußte, um seine Kriegs- und Nachkriegsschulden bezahlen zu können, seinen Gläubigern und Helfern damals viele Schuldanweisungen, besonders auf die Steuern seiner Stadt Frankenberg, geben58.

Die gleichzeitigen Auseinandersetzungen zwischen dem Landgrafen und dem Erzbischof von Mainz mußten dann gleichfalls erst wieder durch einen Schiedsspruch beendet werden, den im Jahre 1366 der Kaiser persönlich fällte. Damals beklagte sich der Landgraf noch besonders darüber, die erzbischöflichen Amtleute in Rosenthal (das war wohl Hermann von Falkenberg) hätten ohne seine Einwilligung im Burgwald roden lassen, während der Erzbischof darüber klagte, der Landgraf habe rechtswidrig die Neustadt von Frankenberg gegründet59. Der Kaiser entschied schließlich, daß alle gegenseitigen Gefangenen los und ledig sein sollten, daß die Straßen beiderseits frei und ungehindert sein und alle gegenteiligen Befehle des Landgrafen hinfällig sein sollten60. – Damit schien der Friede auch zwischen diesen alten Streithähnen zunächst wieder hergestellt. Der Friede dauerte damals aber nur wenige Jahre.

Die kriegerischen Auseinandersetzungen fingen sogleich wieder an, als seit 1367 der junge Landgraf Hermann die Mitregierung neben seinem Onkel Heinrich – zunächst in Marburg, dann in Kassel – übernahm. Landgraf Hermann war ursprünglich als Geistlicher ausgebildet und schon Domherr, als er die Regierung antrat. Trotzdem war er wie seine Vorfahren ein ungestümer und kriegerischer Geist, dabei rücksichtslos, hartnäckig und verschlagen, wie es nur ein Politiker sein kann61. Seine Unternehmungen richteten sich zunächst vor allem gegen den Adel und die Ritterschaft des Landes, die er sich untertan machen wollte. Darum schlossen sich diese im Jahre 1331, zugleich mit zahlreichen Großen und Rittern der angrenzenden Lande, zum sogen. „Sternerbund“ zusammen, weil sie nach dem Wappen ihres Feldhauptmanns, des Grafen Gottfried von Ziegenhain, einen Stern als Bundeszeichen trugen. Zu ihnen gehörten alsbald über 2000 Ritter und Knappen, die allein 350 Burgen innehatten62. Auch die von Hatzfeld auf Burg Elnhog gehörten wieder dazu, wohl deshalb, weil Landgraf Hermann gleich zu Anfang mit einem Handstreich die Stadt Wetter an sich gebracht hatte, die ihnen ja zur Hälfte vom Erzbischof verpfändet war63. Landgraf Hermann hatte, schon bevor die neue Fehde überhaupt begann, über 1000 Ritter und Knechte aufgeboten, die zunächst in der Gegend von Alsfeld und Hersfeld, besonders auf den Dörfern, nicht wenig Schaden anrichteten64. Zu Beginn der eigentlichen Fehde Anfang 1372 rühmte er sich, 32 meist befestigte Städte (einschließlich Wetter, Kirchhain und Frankenberg) und 32 einzelne Burgen (aber nicht das Schloß Mellnau) im Besitz zu haben65. Der Mittelpunkt seiner Kriegführung war zu Marburg, wo er die Hauptmacht seiner Truppen versammelt hatte66. Von dort aus schickte er wiederholt Boten auch nach Wetter zu dem mainzischen Unteramtmann Johann Schreiber und zur Äbtissin wegen Haferlieferungen

und Geld67. Von dort aus führte er den Kampf mit Erbitterung und Härte, aber zunächst mit wechselndem Erfolg, bis er durch seine unerschütterliche Hartnäckigkeit die große Zahl seiner Gegner zum Erlahmen brachte68. Nach der Übung der Zeit wurde der ganze Krieg in fortgesetzten überfallartigen Streif- und Raubzügen nach allen Seiten geführt, wobei wieder weniger die Truppe als die Bevölkerung zu leiden hatte, denn jeder suchte immer nur möglichst viel Gefangene und Beute zu machen, sich selbst zu bereichern und die Städte, Dörfer und die Saaten des Gegners zu verwüsten69. Damals litt – nach dem Chronisten Gerstenberg – besonders Frankenberg „unaussprechliche Not von den mainzischen Reitern aus Battenberg, Mellnau und Rosentahl“, von den kölnischen aus Westfalen, den waldeckischen aus Sachsenberg usw. Die letzteren zündeten sogar die Neustadt von Frankenberg bei Nacht an und verbrannten sie70, während die Sterner aus Mellnau die Stadt Wetter angesteckt und selbst die Klostergebäude verbrannt oder beschädigt haben sollen71. Umgekehrt werden nicht selten die Landgräflichen von Wetter aus auch gegen Mellnau vorgestoßen sein und dabei die Höfe und Fluren von Kene unten im Tale geplündert und verwüstet haben72. Schließlich waren aber offenbar beide Teile — nach maßlosen gegenseitigen Zerstörungen und allgemeiner Verarmung der Bevölkerung – vorläufig wieder des Kampfes müde. Auch die von Hatzfeld versöhnten sich im Juni 1374 wieder zu Marburg mit dem Landgrafen Hermann, wobei sie alle Gefangenen freigaben und alle gegenseitigen Ansprüche niedergeschlagen wurden73. Inzwischen hatte der Landgraf durch seinen 3jährigen Krieg derartige Schulden aufgehäuft, daß er seine Städte mit hohen Steuern belegen und ganze Städte und Dörfer – wie Frankenberg und Sarnau – verpfänden mußte, um wieder zu Geld zu kommen74.

Wieweit die Brüder Guntram und Kraft IV. von Hatzfeld sich persönlich an dem Sternerkrieg beteiligt hatten, ist nicht näher bekannt75. Dagegen war Guntram von Hatzfeld 1379 einer der Hauptleute im „Hörnerbund“, einer ähnlichen Rittergesellschaft, und stellte in der neuen Fehde zwischen Landgraf Hermann und Erzbischof Adolf von Mainz und seinen Helfern diesem auch die Burg Mellnau zur Verfügung76. Auch der noch ganz junge Erzbischof Adolf war trotz seines hohen geistlichen Amtes ein sehr kriegerischer und politisch ehrgeiziger Mann77. Er verband sich sogleich nach seinem Amtsantritt mit führenden Gegnern des Landgrafen und setzte sie in hohe Ämter ein78. Im Juni 1380 saßen drei seiner führenden Getreuen vor allem auf den Burgen Amöneburg, Mellnau und Hatzfeld: Ein Vetter des Erzbischofs, Graf Ruprecht von Nassau, war Oberamtmann von Amöneburg geworden; der greise Guntram von Hatzfeld war erzbischöflicher Amtmann von Wetter und Mellnau; und einem andern Verwandten des Erzbischofs, dem Grafen Johann von Nassau-Dillenburg, hatten Guntram und seine Verwandten die Burg Hatzfeld zur Verfügung gestellt79. Von hier aus beunruhigten besonders die Nassauer die oberhessischen Besitzungen des Landgrafen derart, daß dieser im Juli 1380 gleich eine ganze Heerschar, darunter allein 60 Reiter aus Frankenberg, gegen sie aussandte80. Nach dem Bericht der Chronisten Riedesel und Gerstenberg zogen die Landgräflichen zunächst von Niederhessen aus gen Amöneburg und verwüsteten die Fluren von Mardorf. Dann wandten sie sich über Schönstadt und Oberrosphe nach Mellnau und verwüsteten dort mit ihren Pferden die Fluren („verderbten die Früchte“). Endlich zogen sie weiter über Simtshausen nach Hatzfeld und „verderbten auch dort die Früchte“81. Die Burgen selbst scheinen sie dabei gar nicht angegriffen zu haben, zumindest hatten sie dabei keinerlei Erfolg, und nur die Bauern hatten wieder einmal unter dem Fehdezug des Landgrafen zu leiden.

Die Besatzung der Burg Hatzfeld rächte sich dafür besonders mit gelegentlichen neuen Überfällen auf die Stadt Frankenberg, die Besatzung von Mellnau besonders mit Streifzügen nach der landgräflichen Residenzstadt Marburg. Zu der Mellnauer Burgmannschaft gehörte damals der junge Edelknecht Gottfried von Löwenstein, der nach seiner Urgroßmutter auch von Löwenstein-Schweinsberg genannt wurde, und dessen Vater Hermann von Löwenstein früher Amtmann zu Rosenthal und dann Hauptmann im Sternerbund gewesen war82. Da er aus einem alten und edlen, zugleich recht kampfgierigen Geschlecht stammte, mag er unter den Burgmannen bald eine führende Rolle gespielt haben. Er führte Anfangs 1381 mit mehreren Genossen einen Fehdestreifzug nach Marburg aus, wobei sie verschiedene Bürger der Stadt vor den Toren fingen und niederschlugen, ja Gottfried von Löwenstein sogar selber in den Lahnbergen am Seelheimer Wege zwei von ihnen erschlug. Danach ritten die Burgmannen wieder nach Mellnau zurück83. Diese Schandtat konnte der Landgraf aber nicht ungesühnt lassen. Er stellte deshalb rasch erneut ein ganzes Heer zusammen84, vor allem aus Marburger Rittern, Knechten und bewaffneten Bürgern, schickte sie am 31. März 1381 vor Mellnau und belagerte das Schloß. Und nun ereignete sich die Geschichte, welche die Burg Mellnau für immer berühmt gemacht hat und seitdem in allen Chroniken zu lesen steht. Es schien anfangs ein siegreicher Tag für die Landgräflichen zu werden, aber dann wurde es, besonders für die Marburger, ein noch schwärzerer Tag. In der ältesten Chronik des Johann Riedesel war darüber zu lesen:85

„Herr Günther (Guntram) von Hatzfeld, Ritter, kam mit etlichen auf den Turm. Da gewannen die Landgräflichen das Schloß und hätten sie (im Turm) vielleicht ausgehungert, denn sie mußten ihre eigene Netze und Seiche auf dem Turm trinken; dazu gruben sie (die Landgräflichen) ein großes Loch unter den Turm, daß er bald umgefallen wäre. Unterdessen kamen die von Hatzfeld und Löwenstein mit ihren Helfern und großer Macht und trieben die Landgräflichen ab von dem Schloß in der Fastenzeit auf Montag nach Palmarum (am 8. April)86 – Hierbei kamen soviele von den Landgräflichen und aus Marburg zu Tode, daß man noch jahrhundertelang im Lande sagte, wenn einer zu Tode gekommen war: „Der ist auch nach Mellnau gezogen.“

Offenbar hatten Guntrams Bruder Kraft von Hatzfeld und Gottfried von Löwenstein, während Guntram fast allein die Burg verteidigte, heimlich – wahrscheinlich von Rosenthal und Wolkersdorf her – Hilfe geholt und die nichts ahnenden Belagerer plötzlich aus dem Burgwald heraus mit großer Macht überfallen, als diese schon zu siegen wähnten.

Auch für Landgraf Hermann war dies ein schwerer Schlag. Er wollte die Burg Mellnau zerstören und wurde besiegt. Er rächte sich dadurch, daß er im Sommer, am 12. August 138187, mitten in der Erntezeit, wie ein Jahr zuvor, noch einen berittenen Streifzug nach Mellnau und Amöneburg machen ließ, wo die Landgräflichen durch ihre Pferde wiederum „die Früchte zertreten“ ließen und so großen Schaden an der Ernte anrichteten, ohne aber die Burg selbst noch einmal anzugreifen88.

Der tapfere Verteidiger der Burg Mellnau, Ritter Guntram von Hatzfeld aber, starb bald danach. Es war seine letzte große Tat. Schon Anfang 1383 söhnte sich sein Sohn, Kraft VI., mit dem Landgrafen wieder aus, ebenso im Sommer 1384 alle übrigen Hatzfelder, indem sie – wie schon ihre Großväter 1311 und ihre Väter 1337/38 – wohl gegen entsprechende Entschädigung dem Landgrafen erneut ihr Schloß Hatzfeld zu Lehen übertrugen, jedoch mit der Bedingung, daß sie in einem Krieg zwischen dem Landgrafen und dem Erzbischof „damit stille sitzen wollten“89.

Der Friede dauerte wie üblich nicht lange. Schon 1384 begann Landgraf Hermann mit neuen Fehdezügen in verschiedenen Teilen Hessens, mit denen er nicht nur den Erzbischof Adolf von Mainz, sondern auch mehrere andere geistliche und weltliche Fürsten und fast alle hessischen Ritter wieder gegen sich aufbrachte90. Ja selbst die Städte, die ihm gehörten und ihm bisher treu

ergeben waren, erhoben sich wegen seiner fortgesetzten Kriege gegen ihn. Unter seinen Gegnern war naturgemäß alsbald wieder der alte Kraft IV. von Hatzfeld, der noch auf Schloß Mellnau regierte und im Mai 1385 einen neuen Vertrag mit dem Erzbischof schloß91. Im Sommer 1385 wurde dann der Landgraf von den verbündeten Streitkräften der Gegner bei Kassel schmählich geschlagen. Nichtsdestoweniger setzte er die Fehden schon Ende 1385 in Osthessen und Anfang 1386 in Oberhessen fort92. Hier begann Ende Februar 1386 ein heftiger Streit zwischen dem Landgrafen Hermann und Kraft von Hatzfeld, der noch immer Pfandherr von Schloß Mellnau und Amtmann der mainzischen Hälfte von Wetter war. Der Streit drehte sich hauptsächlich wieder um die Burg Elnhog und um den Burgwald, den der Landgraf jetzt für sich allein beanspruchte. Der Landgraf hielt sich deswegen monatelang dauernd in Marburg auf. Er wurde vor allem unterstützt von seinen jetzigen Amtmännern zu Frankenberg, Johann von Helfenberg und Johann von Treisbach93. Am 27. 2, schickte er von Marburg aus einen Fehdebrief durch Boten an „Craffte von Hatzfelt geyn Melnhau“94, in der Folgezeit „Warnbriefe“ an die Grafen von Wittgenstein und Nassau, die wohl mit Kraft von Hatzfeld sympathisierten. Am 8. 4. und 20. 5. 1386 schickte er wieder durch Boten Briefe an Kraft von Hatzfeld; gleich darauf befahl er der Stadt und dem Amtmann in Frankenberg am Sonntag nach Himmelfahrt, daß sie „die Flur tilgen sollten vor Melnhaug“ (d. h. die Feldfrüchte der Bauern restlos vernichten, als Pfingstbescherung!)95. Mehr scheinen die Landgräflichen in der ganzen Fehde, die fast ein halbes Jahr dauerte, auch nicht erreicht zu haben. Nach neuen „Ladebriefen“ brachte ein Marburger Bote endlich am 26. 7. 1386 einen „Sühnebrief“ des Landgrafen an Kraft von Hatzfeld nach Mellnau, bald darauf auch nach Rauschenberg und Amöneburg, womit der Friede vorläufig wieder hergestellt wurde96.

Diese Aussöhnung scheint Erzbischof Adolf, der grade zu einem neuen großen Krieg gegen den Landgrafen rüstete97, dem alten Kraft von Hatzfeld übel genommen zu haben. Mitte April 1387 löste er plötzlich die an Kraft IV. verpfändete Hälfte des Schlosses Mellnau und des mainzischen Teiles von Wetter für 1500 Pfund Heller, die er ihm dafür schuldete, ab, und enthob ihn zugleich seiner Stellung als mainzischer Amtmann von Wetter. Dafür verpfändete dann Landgraf Hermann Mitte Oktober 1387 ihm und seinen 3 Söhnen kurzerhand die hessische Hälfte von Wetter für 1130 Pfund Heller (= DM), um sie so zu sich herüber zu ziehen (allerdings ohne den zugehörigen Burgwald, den der Landgraf für sich behielt, weil er oft, besonders von Wolkersdorf aus, darin jagte!)98. Indessen hätte der alte Kraft IV. an dem neuen Krieg ohnehin nicht mehr teilnehmen können, denn er starb noch im selben Jahre. Sein Erbe traten als hessische Amtmänner zu Wetter (und seit 1392 auch wieder als Mainzische Pfandherren und Amtmänner zu Mellnau hinsichtlich der früheren Hälfte ihres Vaters) seine Söhne Wigand 1., Guntram II, und Kraft VII. an99.

Die frühere Hälfte Guntrams 1. an dem Pfand zu Mellnau gehörte dessen Sohn Kraft VI., der schon 1384 dessen Nachfolge zu Mellnau angetreten hatte100. Auch er hatte schon im Sternerkrieg mitgefochten und sich danach mit dem Landgrafen versöhnt101. In dem Krieg vom Sommer 1387 zwischen dem Landgrafen und den Verbündeten des Mainzer Erzbischofs focht er sogar im Dienste des Landgrafen. Nachdem beide Teile dann am 10. 9. 1387 einen Waffenstillstand geschlossen hatten, zog sich der Landgraf zunächst in den Burgwald nach Frankenberg und Wolkersdorf zurück102, während Kraft Vl. auf seine Burg Mellnau zurückkehrte. Von dort aus beschuldigte er den Landgrafen, daß er ihm seine Gefangenen entwendet habe. Darauf schickte ihm der Landgraf am 22. 11. 1387 von Marburg aus durch einen Boten einen drohenden Brief „gen Melnhauw“, und Kraft mußte am gleichen Tage wohl oder übel folgende Ehrenerklärung unterzeichnen:103

„Ich Kraft von Hatzfeld, Sohn des verstorbenen Ritters Guntram, bekenne, daß ich mit solchen Worten, die ich auf den hochgeborenen Fürsten, Junkern Hermann, Landgrafen zu Hessen, gesprochen habe, nämlich, daß er mir meine Gefangenen durch Verrat entzogen und gestohlen habe, – daß ich damit ihm Unrecht getan habe und von ihm nichts anderes weiß, als daß er ein redlicher Fürst und Herr ist, und bitte den vorgenannten meinen Junkern, daß er mir vergebe und verzeihe.“

Diese Demütigung hat Kraft VI. dem Landgrafen offenbar nicht vergessen, und er rächte sich dafür, als die Gelegenheit günstig war. Schon 2 Jahre später kam es zu einem neuen Streit zwischen dem Landgrafen und dem Erzbischof um das Schloß Wolkersdorf, um das sich beide schon seit Jahrzehnten stritten. Schon im Jahre 1324 hatte dessen Erbauer, der alte Ritter Eckhard von Helfenberg (bei Wolfhagen) die Burg und das halbe Dorf Wolkersdorf dem Erzbischof Matthias von Mainz verkauft in Gegenwart fast sämtlicher Mellnauer Burgmannen, und der Erzbischof hatte sogar vor, dort eine befestigte Stadt anzulegen104. Als er bald danach starb, hatte es Landgraf Heinrich aber verstanden, Eckhards Söhne wieder auf seine Seite zu bringen. Später gehörte die Hälfte des Schlosses Wolkersdorf einem Stiefbruder der eben verstorbenen Brüder und Mellnauer Pfandherren Guntram und Kraft IV. von Hatzfeld, nämlich dem Ritter Friedrich von Bicken, dem auch die Kesterburg (der Christenberg) zustand. In den Fehden der letzten 10 Jahre hatte deshalb Wolkersdorf auch wiederholt als Stützpunkt der Mainzer Ritter zu Mellnau und Rosenthal gedient, die von diesen Orten aus den ganzen Burgwald beherrschten und besonders leicht Frankenberg angreifen konnten. Das war für den Landgrafen um so schlechter, weil die Frankenberger im Jahre 1376 ihre Burg wegen Drangsalierungen durch den Burgherrn, den Ritter Hermann von Treffurt, selbst zerstört und nicht wieder aufgebaut hatten105. Dies war dann die Zeit, von der der Frankenberger Chronist Gerstenberg später berichtete:106

„Da geschah es oft und dicke, daß die Bürger von Frankenberg gefangen wurden und in dem Burgwald hin- und hergeführt, bis es Nacht ward, und die Gefangenen verirrt wurden. Dann führte man sie heimlich in der finsteren Nacht gegen Wolkersdorf, da wurden sie geschätzt (auf ihr Vermögen). Danach führte man sie wieder bei Nacht in den Wald, und sie wurden gemahnet, das Lösegeld gen Mellnau, Rosenthal, Battenberg oder Hatzfeld zu liefern.“

Deshalb kaufte der Landgraf 1389 plötzlich dem alten Friedrich von Bicken seinen Anteil am Schloß Wolkersdorf mit allem Zubehör ab und setzte allein seine früheren Frankenberger Burgmannen, die Gebrüder von Biedenfeld, hinein. Das brachte den Erzbischof auf den Plan, und im Mai 1392 ließ er durch einen Handstreich seiner Mellnauer Burgbesatzung, unter Führung Krafts Vl. von Hatzfeld (jetzt der Ältere genannt), Wolkersdorf gewaltsam erobern und die Brüder von Biedenfeld daraus vertreiben107. Zwei Jahre lang, bis zum Sommer 1394, blieb Kraft von Hatzfeld im Besitz des Schlosses. Als Amtsmänner in Mellnau wirkten inzwischen seine Vettern Wigand 1. (der auch noch Amtmann zu Rosenthal geworden war) und Kraft VII, von Hatzfeld, die Söhne Krafts IV., denen der Erzbischof die 1387 entzogene Hälfte ihres Vaters an Mellnau und Wetter zur gleichen Zeit wieder pfandweise übertragen hatte108. Im Jahre 1394 schloß der Landgraf mit dem Erzbischof in Frankfurt einen 12jährigen Landfrieden ab, und nach den dabei vereinbarten Bestimmungen mußte Kraft VI. das Schloß Wolkersdorf zwar wieder herausgeben, der Landgraf mußte ihn dafür aber schadlos halten, während die Brüder von Biedenfeld auf jeden Schadenersatz verzichten mußten.

Damit waren die Kämpfe um die Burg Mellnau und um den Burgwald wieder einmal beendet. Und mit dem erwähnten 12jährigen Landfrieden der Hauptstreithähne, der im wesentlichen auch eingehalten wurde, kam das kriegerischste Jahrhundert in Hessen doch noch zu einem friedlichen Abschluß.

Weiterlesen: Das 15. Jahrhundert der Burg Mellnau

 

  1. Vogt, E., Mainz und Hessen, 2. T., a. a. O., S. 26.
  2. Weidemann, a. a. O., S. 460 ff.
  3. Vogt, E., Regesten d. Erzbischöfe v. Mainz, Nr. 701-710.
  4. Reimer, H., Urk. b. z. Gesch. d. Herren von Hanau, Bd. 2 (1892) Nr. 10.
  5. Vogt, E., Regesten, a.a.O., Dr. 675; Reimer, H., Urkunden, a.a.O., Nr. 62; Ehrenpfordt, M., Chronik v. Amöneburg, 1927, S. 64.
  6. Falk, H., Mainzer Behördenorganisation, S. 51, 60.
  7. Falk, H., a.a.O., S. 104; Diefenbach, H., a.a.O., S. 78, 176.
  8. Falk, H., a.a.O., S. 16f., 78/9; Lotzenius, U., a.a.O., T.2., S. 150 f.
  9. Falk, H., a.a.O., S. 49, 68, 86.
  10. Gudenus, F., Codex Dipl. Bd. 1, S. 989; Heldmann, A., Stift Wetter, S. 104; Weidemann, a.a.O., S. 463 ff., Vogt, E., Regesten Nr. 1158.
  11. Gerstenberg bei Kuchenbecker, J. Ph., Anal. Hass., Coll. V., S. 189; Vogt, E., Regesten d. Erzb., Nr. 2192; derselbe, Mainz u. Hessen, T. 2. a. a. O., S. 32 ff.
  12. Lotzenius, U., Ämter Wetter usw., T. 2, S. 152 f. Vgl. Anlage 1.
  13. Heldmann, A., Stift Wetter, a. a. O., S. 97, Anm., Urk. u. StAM, Kugelherren.
  14. Heldmann, A., Geschl. v. Hohenfeld, a. a. O., s. 344 ff.
  15. Vgl. Wenck, H., Hess, Landesgesch., Bd. 3 (1803), Urkundenbuch 175: Mansus in Wolmere (zu ergänzen „et“) prope Kene; dazu Schäfer, Ortschaften, S. 27 zu 1470.
  16. Wyß, Urkundenbuch d. Dtsch. O. B. Hessen, Bd. II Nr. 268, 278, 297.
  17. Wyß, Urkdb., a. a. O., Bd. III, Nr. 1242.
  18. Heldmann, A., Stift Wetter, a. a. O., S. 105.
  19. Vgl. Falk, H., Mainzer Beh.Org., a. a. O., S. 29 ff.
  20. Heldmann, A., a. a. O., S. 81; Falk, H., a. a. O.; Diefenbach, H., S. 176.
  21. Heldmann, A., a. a. O., S. 105; Falk, H., a. a. O., S. 86; Landau, G., Ritterburgen, Bd. 4, S. 172; Schäfer, K. H., Ortschaften, S. 27; Lotzenius, U., a. a. O., T. 2 S. 152.
  22. 22) Dilich, W., Hessische Chronik, 1605, S. 181 f.; Justi, K. W., a. a. O., S. 154; Vogt, E., Mainz u. Hessen, 2. S. 45 f.
  23. Rommel, Chr. v., Gesch. v. Hessen, 1820 ff., Bd. 2, s. 118; Vogt, E., Regesten d. Erzb., Nr. 2825 Anm.
  24. Vgl. Boucsein, a. a. O., S. 53. Gemeint ist damit der Burgwald, nicht – wie Reimer, H., Ortslexikon, S. 142 meint, – ein Ort „Forst“ bei Wetter.
  25. Es handelte sich offenbar nicht um den ersten Turm, sondern um einen Neubau (so auch Schäfer, a. a. O., S. 27). Auch die allgemeine Meinung, der heutige Turm sei 1329/31 „errichtet“ worden, ist nicht ganz zutreffend, denn schon 1312-1316 wurde daran gearbeitet (vgl. oben), und er sollte jetzt nur – mit erheblichen Geldmitteln – vollendet werden; tatsächlich wird das in den folgenden Jahren geschehen sein. Vgl. auch die Pfandurkd. v. 1348.
  26. Nicht eines Brunnens, wie Landau, a. a. O., S. 172, meint. Tatsächlich hatte das Schloß nie einen Brunnen, so daß das Wasser aus dem Wetschaftstal heraufgebracht werden mußte, Landau, a. a. O., S. 177; Justi, K. W., a. a. O., S. 163.
  27. Vgl. Urkd. in Anlage 1.
  28. Vgl. Urkd. in Anlage 1.
  29. Schäfer, K. H., Ortschaften S. 27; Lotzenius, U., a. a. O., S. 152 f.
  30. Landau, G., Ritterburgen, Bd. 4, S. 2; v. Brockhusen in Lauterb. Heimatbl. 1950, Nr. 8; Becker, E. E., Die Riedesel zu Eisenbach, Bd. 2 (1924), S. 14 u. 17; Wyß, Bd. 2 u. 3; Schunder, F., Oberh. Klöster, (1961), Nr. 361.
  31. Urkd. Nr. 23 u. 38 in Anlage 1. Dazu v. Brockhusen in Hessenland-Beil. d. OP. 1959, F. 17.
  32. Vgl. zum folgenden (aber ungenau) Falk, H., a, a. O., S. 86; Lotzenius, U., a. a. O., T. 2, S. 152 ff.
  33. Otto, H., Regesten d. Erzb., Nr. 4747 u. 4809; erst 1344 erklärt sich Konrad v. Elkerhausen aber wegen aller Ansprüche für befriedigt, Heldmann, A., Stift Wetter, a. a. O., S. 105.
  34. Landau, G., Ritterburgen, Bd. 2, S. 52, 68 u. 173; Heldmann, A., Stift Wetter, S. 105 ff.
  35. Otto, H., Regesten d. Erzb. v. Mainz, 1936, Nr. 5653, 5702.
  36. Landau, G., a. a. O., S. 173; Heldmann, A., a. a. O., S. 106; Schäfer, K. H., Ortschaften, S. 27.
  37. Landau, G., a. a. O., S. 170.
  38. Landau, G., a. a. O., S. 129/30; Justi, K. W., a. a. O., S. 154; Anl. 1.
  39. Landau, G., Ritterburgen 4, S. 126/27; Wenck, H. B., Hess. Landesgesch., Bd. 3, Urbdb. S. 175 = Grotefend, 0., Regesten d. Landgrafen v. Hessen (1909) Nr. 503; Diese Urkd. führte Reimer, Ortslexikon 1926, zu der irrtüml. Annahme, unser Kene habe bei Wolmar gelegen – vgl. Schäfer, Ortschaften, S. 4-, jedoch ist zw. „Wol¬mere“ u. „Kone“ ein „et“ zu ergänzen. Es sind offenbar die gleichen freien Güter „zu Simtshausen (die Mühle), Wolmar und vor dem Schlosse Melnau“, die Eckhard v. Gilsa 1470 an d. Stift Wetter verkauft, vgl. Schäfer, a. a. O., S. 25. Jenes war ferner die gleiche Mühle zu S., deren Müller in den folgd. 150 Jahren der Hatzfelder Pfandschaft das Wasser auf Wagen in die Zisterne d. Burg Mellnau bringen mußte. Vgl. Salb. 1575, Landau, a. a. O., auch Heldmann, A., ZHG 34, S. 122; Grotefend Nr. 551.
  40. Gundlach, F., Hess. Zentralbeh., III, S. 89; Grotefend Nr. 625, 632, 635, 647.
  41. Vgl. Henseling, J., Das Hohen Teutschen Ordens Gerechtsame, in Hessen¬land.-Beil. d. OP. 1960, F. 14.
  42. Landau, G., Ritterburgen 4, S. 130.
  43. Lehnsurkunden v. 30. 8. 1337 und 25. 6. 1338: Wenck, H. B., Hess. Landesgesch. II, UB S. 346 u. III, UB S. 197; Otto, H., Regesten d. Erzb. Nr. 4071 u. 4184.
  44. Landau, G., a. a. O., S. 130; vgl. Kopp, Lehnproben II, 237, Scriba 2, 1329.
  45. Knetsch, G., Stammtafeln der Schencken v. Schweinsberg, Tafel IV.
  46. Nicht, wie bei Landau, a. a. O., irrtümlich steht, Kraft III. Der war schon tot, vgl. Landau, Tafel zu S. 170; ferner ausdr. in d. Urkunde v. 20. 5. 1351 bei Wenck II UB S. 377 „Kraft v. H. der Jüngere“.
  47. Landau, G., a. a. O., S. 131, 173.
  48. Landau, G., a. a. O., S. 132; Heldmann, A., Stift Wetter, S. 106.
  49. Landau, G., a. a. O., S. 132, 173.
  50. Landau, G., a. a. O., S. 133.
  51. Gerstenberg bei Kuchenbecker, Anal. Hass., Coll. V. S. 199.
  52. Landau, G., Ritterburgen, Bd. 3, S. 78
  53. Urkunde bei Vigener, Reg. d. Erzb., Nr. 1791. Anlage 1 Nr. 52/53; Lotzenius, U., Ämter Wetter u. Battenberg, II T., S. 163 ff.
  54. Landau, Rutterburgen 4, S. 133.
  55. Schmincke, J., Dipl. Hass., Bd. 6, 5.300; dazu Landau, G., Ritterburgen 4, S. 134 u. S. 169 Anm. 1.
  56. Sein Bruder Kraft IV. tritt 1360/64 auch als Amtmann zu Amöneburg auf: Falk, II., Mainzer Beh.Org, in Hessen, s. 80 ff.; Schunder, F., Oberh. Klöster, Nr. 673, 501.
  57. Vigener, F., Regesten d. Erzb., Nr. 2748; vgl. Anlage 1.
  58. Schmincke, J., a. a. O., Bd. 6, S. 303 ff.
  59. Vigener, F., a. a. O., Nr. 1347 u. 1348; Wenck, H. B., Hess. Landesgesch. II UB, S. 424 ff.
  60. Schmincke, J., a. a. O., Bd. 6, S. 312.
  61. Friedensburg, W., Landgraf Hermann d. Gel. u. Erzb. Adolf v. Mainz, in ZHG 21 (1895), S. 8 f.; Küch, F., Beiträge z. Gesch. d. Landgr. Hermann II. v. Hessen, Teil IL in ZHG 27 S. 416 f.; Landau, G., Die Rittergesellschaften in Hessen, 1840, S. 42.
  62. Friedensburg, W., u. Küch, F., a. a. O.; Landau, G., Rittergesellschaften, S. 35 ff.; Hess. Congeries bei Kuchenbecker, Anal. Hass., Coll. 1. S. 7; Demandt, K. E., Gesch. d. Landes Hessen, S. 156.
  63. Landau, G., Ritterges., S. 37; Heldmann, A., Stift W., S. 107.
  64. Landau, G., a. a. O., S. 40342.
  65. Landau, G., a. a. O., S. 46, 115 f.
  66. Küch, F., Beiträge, a. a. O., S. 416 ff.
  67. Küch, F., a. a. O., S. 347/38, Nr. 78-86.
  68. Friedensburg, W., a. a. O., s. 10 ff.
  69. Landau, G., Rittergesellschaften, S. 51, 58.
  70. Gerstenberg bei Kuchenbecker, a. a. O., Coll. V. S. 204; ders. bei Diemar, Chroniken, S. 265 u. 436; Dilich, W., Hess. Chronik, Bd. 2, S. 209; Landau, G., a. a. O., S. 59.
  71. Schon von Landau, G., Rittergesellschaften, S. 60, bezweifelt; vgl. auch Heldmann, Stift Wetter, a. a. O., S. 107; Sangmeister, a. a. O., S. 24; berichtet von Riedesel b. Kuchenbecker, a. a. O., Coll. III, S. 26; danach Dilich, a. a. O., S. 211; Rommel, Chr. V., Gesch. v. Hessen, Bd. 2, S. 186 f.; Justi, K. W., a. Ei. 0., S. 153.
  72. Davon, daß 1373 die Mainzer selbst die Burg Mellnau durch Brand zerstört hätten, wie Justi, a. a. O., S. 178, meint, ist in den Quellen nichts bekannt.
  73. Landau, G., Rittergesellschaften, 5.63; derselbe, Ritterburgen 4, S. 136; Küch, F., a. a. O.
  74. Vgl. Küch, F., Quellen z. Rechtsgesch. d. Stadt marburg, Bd. 1 (1918) S. 13 ff.; Landau, G., Ritterges. S. 70, 160
  75. Landau, G., Ritterges., S. 78 f.; derselbe, Ritterburgen Bd. 4, S. 134.
  76. Justi, K. W., a. a. O., S. 156; Landau, G., Ritterges., S. 79, 154; derselbe, Ritterburgen 4, S. 134; Sangmeister, S. 25.
  77. Friedensburg, w., a. a. O., s. 12 ff.
  78. Friedensburg, W., a. a. O., S. 18, 26.
  79. Friedensburg, W., a. a. O., S. 26, 41 ff.; Landau, G., Ritterges., S. 66 ff.
  80. Landau, G., Ritterburgen 4, S. 134, 173.
  81. Rommel, Chr. v., Gesch. v. Hessen Bd. 2, S. 208; Landau, G., Rittergesellschaften, S. 79 f.; vgl. Anlage 1.
  82. Vgl. Görich, W., u. v. Brockhusen, H. J. v., Das Löwensteiner Kreuz, in Gesch.Beil. d. OP. 1953, Nr. 123 u. 124; Schunder, F., Die von Löwenstein, 1955, Tafeln.
  83. Justi, K. W., a. a. O., S. 156.
  84. Friedensburg, W., a. a. O., s. 41 ff.
  85. Riedesel bei Kuchenbecker, Anal. Hass., Coll. III S. 33/34; Gerstenberg bei Kuchenbecker, Coll. V, S. 207 und bei Diemar, Chroniken, S. 272, 438; Hess. Congeries bei Kuchenbecker, Coll. I, s. 9 und bei Nebelthau, a. a. O., S. 329; Dilich, w., Hess. Chronik, 1605, S. 213 ff. (hier wiederholt, und zeitl. wie sachlich z. T. unrichtig dar¬gestellt); Justi, K. W., a. a. O., S. 157; Landau, G., Ritterburgen 4, S. 174; derselbe, Beschr. d. Kurf. Hessen, Bd. II, 2. T. S. 391; Sangmeister, E., a. a. O., S. 26; Schäfer, K. H., Ortschaften, S. 27; Hampel, H., a. a. O., Kürschner, W., Gesch. d. Stadt Marburg, 1934, S. 61; „Alt-Marburger Geschichten“ in OP 1960 v. 27. 7. 1960.
  86. Friedensburg, w., a. a. O., S. 41 ff.
  87. Friedensburg, W., a. a. O., s. 48 ff.; nicht 1382, wie bei Landau, Ritterburgen 4, S. 174 steht.
  88. Riedesel, a. a. O.; Justi, K. W., S. 157; Friedensburg, W., S. 48.
  89. Urkunden v. 13.1.1383, 8. u. 28.8.1384; bei Baur, L., Hess. Urkunden, Bd. 1. Oberh. (1860) Nr. 1140, mit Anm.
  90. Küch, F., Beitr. z. Gesch. Landgr. Hermanns II. v. H., Teil II in ZHG 29 S. 13 ff.; Friedensburg, W., a. a. O., S. 51 ff., 86 ff., 101.
  91. Friedensburg, W., a. a. O., S. 51 ff.
  92. Friedensburg, W., a. a. O., S. 114 ff.; Küch, F., a. a. O., S. 30 f.
  93. Küch, F., a. a. O., S. 30, u. Teil IV. in ZHG 40, S. 243.
  94. Küch, F., a. a. O., S. 52 ff. Beil. 3 Nr. 15.
  95. Küch, F., a. a. O., Nr. 30, 48, 50, 58; Lotzenius, W., T. 2, S. 163 ff.
  96. Küch, F., a. a. O., Nr. 78-80.
  97. Küch, F., Beiträge, T. 4, in ZHG 40, S. 214 ff.
  98. Friedensburg, W., a. a. O., S. 134 ff.; Heldmann, A., Stift Wetter, a. a. O., 5.109; Küch, F., Älteste Salbücher, in ZHG 39 (1905), S. 177; Wenck, H. B., UB 2, S. 462; irrtümlich hinsichtlich des Burgwaldes H. Boucsein, a. a. O., S. 54: Weder geographische Teilung mit d. Erzb. noch Verpfändung durch d. Landgrafen.
  99. Vgl. Falk, H., Mainzer Beh.Org., S. 86.
  100. Falk, H., a. a. O., S. 86.
  101. Landau, G., Ritterburgen 4. S. 136.
  102. Küch, F., Beitr., T. 4, in ZHG 40, S. 231 ff.; das. Beilagen S. 260, Nr. 142, 143, 150.
  103. Landau, G., Ritterburgen 4, S. 137.
  104. Urkunde v. 4. 8. 1324 in Anlage 1: Anhalt, E., D. Kreis Frankenberg, 1928, S.36; auch Vogt, Regesten d. Erzb., Nr. 2573; Falk, H., Mainzer Beh.-Org., S.89.
  105. Anhalt, E., a. a. O., S. 35.
  106. Gerstenberg berichtet diese Vorgänge für die Zeit vor 1389, als Begründung für d. Ankauf v. Wolkersdorf durch Landgraf Hermann; Landau, a. a. O., verlegt sie danach zu Unrecht auf die erst nachfolgende Zeit.
  107. Vgl. z. Folgd.: Friedensburg, W., a. a. O., S. 216 ff.; Küch, F., Beiträge, T. 3 in ZHG 29, S. 63 ff.
  108. Falk, H., Mainzer Beh.Org., S. 86 f.

W
ieweit die neue Burg schon in den Auseinandersetzungen der Land­gräfin Sophie mit dem Mainzer Erzbischof um 1252 bis 1258 eine unmittel­bare Rolle gespielt hat, ist nicht mehr festzustellen. Die bekannteren Fehden, die beide damals führten, fanden durchweg woanders statt. Unklar ist auch, wie damals die Herrschaftsverhältnisse in der Stadt Wetter und im Burgwald überhaupt waren. Fest steht, daß die Landgräfin ihre dortigen Vogtrechte auch in dieser Zeit geltend machte. Ein „Vogt Reimbold von Bottendorf“, der zwi­schen 1249 und 1254 amtierte1, dürfte in ihrem Auftrag den Burgwald ver­waltet haben, und 1255 bestätigte sie ausdrücklich einen früheren Gütertausch zwischen den Klöstern Wetter und Haina2. Andererseits wurden die Stadt Wetter und die Burg Mellnau damals offensichtlich im Auftrag des Erzbischofs von Amöneburg aus verwaltet, die Rechte des Mainzer Stifts nahm ein „Pro­visor der Äbtissin“ wahr, der um 1260 Hademar hieß und seinen Sitz vielleicht schon auf der inzwischen bewohnbaren – Burg Mellnau hatte. Ihm folgte von 1261 bis 1266 ein Vogt Gottfried von Niederwetter3.

Im Jahr 1260 hatten Sophie und ihr inzwischen herangewachsener Sohn, Landgraf Heinrich, einen vergeblichen Krieg gegen ihren Vetter in Thüringen geführt. Als sie von dort zurückkehrten, führten sie seit Anfang 1261 in Ober­hessen den offenen Krieg gegen den Erzbischof weiter, eroberten u. a. seine wiederaufgebaute Burg Blankenstein bei Gladenbach, wofür sie sogleich aus der Kirche ausgeschlossen wurden, griffen dann 1262 besonders heftig Wil­dungen an und fügten auch dem Stift Wetter großen Schaden zu, so daß sogar der Papst auf die Beschwerde der Äbtissin hin eine Untersuchung durch den Abt von Haina befehlen mußte4. Dieser Angriff mag in erster Linie der neuen Burg Mellnau gegolten haben, die aber schon damals nicht erobert werden konnte, so daß sich die Landgräflichen – wie damals üblich – darauf beschränkten, statt dessen Zerstörungen und Verwüstungen in der Stadt und den umliegenden Dörfern anzurichten. Wie immer, hatten darunter die einfachen Leute in Land und Stadt am meisten zu leiden. – Im Sommer 1263 unternahmen dann Mutter und Sohn einen direkten Feldzug gegen den Erzbischof nach der Wetterau. Da dieser aber offenbar doch nicht zu einem durchschlagenden Erfolg führte, und Erzbischof Werner als gleichzeitiger deutscher Reichskanzler wichtigeres zu tun hatte, kam es am 10. September 1263 zwischen beiden zum Friedensvertrag im Feldlager bei Langsdorf am südlichen Vogelsberg5.

Der Wortlaut der Vertragsurkunde vom 10. 9. 1263 zeigt nun deutlich, wie wichtig beiden Teilen damals der Streit um Wetter, Mellnau und den ganzen Burgwald war. Die Burg Elenhouch steht dabei an erster Stelle der Punkte, über die sie sich einigten, sie verbleibt uneingeschränkt der Mainzer Kirche. Die Stadt und Vogtei (das Amt) Wetter sowie den zugehörigen Burgwald wollten beide, der Erzbischof als alter Oberherr und der Landgraf als sein bisheriger Obervot – wie es bereits „altes Gewohnheitsrecht“ war – nur gemeinsam nutzen und verwalten6. Umgekehrt durfte der Landgraf zwar seine Burg und Stadt Frankenberg – den landgräflichen Stützpunkt am Nordrand des Burgwaldes, besonders gegen Mellnau – behalten, mußte sie aber dem Erzbischof als Oberherrn, vor allem auch für den kinderlosen Todesfall, übertragen. Darüber hinaus mußte er 2000 Silbermark (nach heutigem Wert etwa 50 000 DM) als Kriegsentschädigung an den Erzbischof zahlen und dafür 30 Edle und Ritter als Bürgen stellen. Schließlich gelobten beide gegenseitig, keinen Ritter, Bürger oder Bauern des andern aufzunehmen, weil durch solche „Überläufer“ die meisten Zwistigkeiten entstanden seien, und unter hoher Strafdrohung in Zukunft Frieden zu halten. – Erreicht hatten die Landgräfin Sophie und Landgraf Heinrich also praktisch nichts – außer der Anerkennung ihrer alten Rechte, die teilweise noch eingeschränkt wurden7. Allerdings erschienen die Landgrafen in Wetter und im Burgwald nunmehr nicht mehr als Untergebene des Erzbischofs sondern als grundsätzlich mit ihm gleichberechtigt. Angesichts der ungünstigen Kriegslage scheint ihnen das damals genügt zu haben.

Der Vertragsschluß hatte für die Herrschaftsverhältnisse in Wetter und im Burgwald immerhin eine klare Folge: Seitdem gab es dort 200 Jahre lang 2 gleichberechtigte Herren, den Landgrafen und den Erzbischof, die sich in alle Rechte und Einnahmen teilten. Zugleich setzte nun jeder für sich, da der Landgraf dem Erzbischof nicht mehr unterstand, als Verwalter einen eigenen Vogt ein. Das waren in den nächsten Jahrzehnten – wie schon in der letzten Zeit vorher – meist einfache Bürger oder Schöffen von Wetter. Der landgräfliche Vogt saß in der Stadt Wetter, er hieß um 1280/85 Heinrich Rudele (noch 1315 gab es dort das „Haus des Rudelo“)8. Der erzbischöfliche Vogt hieß zur gleichen Zeit, um 1280/83, Rudolf, Sohn Hademars, von 1283/93 Herbord, und saß auf der Burg Mellnau9. Diese Vögte hatten aber keine militärische Kommandogewalt, sondern nur Amtsbefugnisse als Steuereinnehmer, Guts- und Forstverwalter, Richter und ähnliches. Der zu Mellnau wird wohl von seinen Einnahmen auch die dort in Dienst gestellten Ritter besoldet haben.

Leider ergibt die Vertragsurkunde von 1263 nicht, wer damals auf der Seite des Erzbischofs gekämpft hatte, insbesondere als Ritter auf der standhaften Burg Elenhoug. Die ihr beigefügten beiden weiteren Urkunden (über die 30 Bürgen des Landgrafen und seine Lehen) zeigen allerdings, wer dabei auf dessen Seite stand, und da damals hierzulande kaum jemand in Dorf und Stadt von den Fehden zwischen Landgraf und Erzbischof verschont blieb, mögen die dort nicht genannten oberhessischen Ritter wohl größtenteils auf Mainzer Seite gestanden haben. Im übrigen lassen sich auch aus späteren Urkunden noch einzelne Rückschlüsse ziehen.

Fest steht, daß Graf Widekind von Battenberg auf Seiten des Erzbischofs stand10 und sich zur Verteidigung der Burg Mellnau verpflichtet hatte. Als „Burglehen“ bekam er dafür außer einer laufenden Vergütung den zur Burg gehörigen Hain „Musewinkel“ (heute die Flur „Mooswinkel“ am Sonnwendskopf in der Mellnauer Gemarkung)11 und die Einkünfte aus der „Mühle zu den Spitzen“ (wohl eine Wettersche Stiftsmühle, wahrscheinlich die Mittelmühle)12. Er dürfte in den ersten Jahrzehnten der militärische Befehlshaber der Burg gewesen sein, denn es ist nicht anzunehmen, daß er als Graf bei der Verteidigung der Burg einfache Ritterdienste übte. Er wohnte auch nicht in Mellnau, sondern natürlich auf seiner Grafenburg zu Battenberg, und nur im Kriegsfalle war er für den Schutz der Burg unmittelbar verantwortlich. Nach seinem Tode folgte auf ihn sein Sohn, Graf Hermann von Battenberg, der letzte seines Geschlechts (1277-1308).

Grabungsfunde aus der Burg Mellnau

Des Grafen Stellvertreter in der Burg13 oder auch Burghauptmann dürfte der Ritter Heinrich von Dersch (1261-1278) gewesen sein, der aus einem Hof bei Battenberg stammte, dort noch 1266 als sein Burgmann diente und dann auf Elnhog offenbar der älteste und angesehenste der anwesenden Ritter war, so daß er in einer Urkunde von 1275 an ihrer Spitze erscheint14. – Im übrigen lockte die neue Burg als Burgmannen vor allem junge Ritter der Umgebung an, in ihren Mauern für den Erzbischof Dienst zu tun15, besonders grade auch solche, deren Väter noch im Dienst des Landgrafen standen. Vielleicht beruhte darauf die Bestimmung des Friedensvertrages von 1263, daß keiner des andern „Überläufer“ aufnehmen dürfe. Indessen scheint sich jedenfalls der Erzbischof nicht lange an diese Bestimmung gehalten zu haben.

Grabungsfunde aus der Burg Mellnau

So lernen wir denn schon in einer Urkunde von 1265 – neben einem sonst nicht bekannten Heinrich Side – den jungen Ritter Mengoz Knibo von Elenhoc16 kennen, der seit 1260 als Mengoz Knibo der Jüngere zugleich in der landgräflichen Burg Grünberg auftritt und dessen gleichnamiger Vater (der Ältere) dort damals sogar landgräflicher Schultheiß (Richter) war. Mengoz Knibo von Elnhog tritt auch in der Urkunde von 1275 an zweiter Stelle der Mellnauer Ritter auf. Er war der Begründer eines Geschlechts, das seitdem bis 1362 ununterbrochen auf Elnhog gesessen hat und dessen Söhne zugleich immer den gleichen Namen Mengoz Knibo (auch Knibe, Knyb = Kneip, d. h. Schuhmacher) trugen.

Grabungsfunde aus der Burg Mellnau

An 3. und 4. Stelle stehen dann Kraft I von Hatzfeld und Arnold II. von Hohenfels17, ebenfalls Söhne edler oberhessischer Geschlechter, die in der Folgezeit zahlreiche Söhne und Enkel auf die Burg geschickt und 200 Jahre lang Großes zu ihrer Verteidigung und zu ihrem Ruhm getan haben. – Spätestens 1283, wahrscheinlich aber schon 1273 waren dann Mellnauer Burgmannen auch die knapp 30jährigen Ritter und Brüder Dietrich Schutzbar und Konrad Milchling von Michelbach18, deren Vater in Nordeck und Michelbach noch dem Landgrafen diente, deren Nachkommen dann aber als „Milchlinge von Schönstadt“ noch 500 Jahre lang das damals zugesagte Mellnauer „Burglehen“ vom Erzbischof von Mainz bezogen, als die Burg längst eine Ruine war, und die schließlich diese Ruine im 19. Jahrhundert bis zum Aussterben des Geschlechtes sogar noch zu Eigentum erwarben. – Gegen Ende des 13. Jahrhunderts lernen wir schließlich die Brüder Eberhard und Ludwig von Treisbach auf Elnhog kennen. Von ihnen nannte sich der letztere alsbald zur Unterscheidung von seinen zahlreichen Verwandten nach einem Hügel vor der Burg „Ludwig von Heppenberg“19, und auch er begründete, wie Mengoz Knibo, ein Geschlecht, das bis 1435 vier Generationen lang ununterbrochen auf Elnhog sitzen blieb. – Damit sind zugleich die Rittergeschlechter genannt, die mit der Geschichte der Burg Mellnau seit ihrem Beginn dauernd verbunden waren20. Andere Ritter aus der näheren oder weiteren Umgebung haben in den ersten Jahrzehnten nur vorübergehend zur Burgbesatzung gehört, so Ludwig von Goßfelden, Kraft II. von Hohenfels (ein Vetter Arnolds), sein Stiefvater Gerlach von Breidenbach (bei Biedenkopf)21, Gerhard Lützelkolbe (von Marburg bzw. Gladenbach), Engel II. von Sassen (aus Marburg bzw. Grünberg), ferner gegen Ende des Jahrhunderts die sonst nicht näher bekannten Burgmannen Heinrich Dreiberg, Hermann Stump, Rupert von Wolfgruben (bei Buchenau) und Wiegang von Dieten (bei Dautphe)22.

Als Vergütung bekamen die Ritter für ihren Burgmannendienst nach der Sitte der Zeit ein sog. „Burglehen“23, bestehend aus einem geringen jährlichen Geldbetrag von 6-8 Pfund Heller (= DM), die ihnen der Vogt – später der Schultheiß im Rathaus zu Wetter – auszahlen mußte24, sowie verschiedenen Naturaleinkünften aus Gütern und Rechten (Zehnten, Kircheneinnahmen usw.) des Erzbischofs von den umliegenden Dörfern, die ihnen un¬mittelbar zur Nutzung zugewiesen wurden. Soweit sie sich zu dauerndem Dienst auf der Burg verpflichteten, erhielten sie ferner einen „Burgsitz“, d. h. eine Wohnung nahe bei der Burg 25 (nicht in der Burg, wie man meist fälschlich meint; in ihr selbst wohnte nur der Vogt und später der Amtmann des Erzbischofs!). Da das Dorf Mellnau damals noch nicht bestand, so stellte zu diesem Zweck wahrscheinlich zunächst das Stift Wetter seine 6 ritterlichen Lehnshöfe in Kene unten im Tale, die es schon 1220 besaß, zur Verfügung26, wo die Ritter zugleich bei den hörigen Bauern wohnen, sich verpflegen und ihre Pferde unterstellen und warten lassen konnten. Tatsächlich lassen sich nachträglich genau 6 solcher „Burgsitze“ zu Mellnau feststellen:

Einen hatte wohl ursprünglich Heinrich von Dersch, der erste Burghauptmann, von dessen Nachkommen aber offenbar nur noch der Sohn Gottschalk auf Elnhog diente, so daß der „Burgsitz“ (der ihm zugewiesene Kener, später Mellnauer Hof) auf die von Treisbach überging, die erst um 1290 auf die Burg kamen. — Einen andern hatten die Knibos. Nach ihrem Aussterben ging er 1362 auf ihren Nachfolger Hermann von Falkenberg, von ihm bzw, seiner Witwe Else von Hohenfels 1391 auf die neuen Burgmannen von Erfurtshausen über, die ihn 1434 an die von Hatzfeld verkauften; sie behielten ihn – als ihren zweiten dortigen Hof – bis zu ihrem Aussterben 1588 im Besitz27. – Die von Hatzfeld hatten aber von vornherein auch noch einen anderen Mellnauer Hof als Burglehen, wozu später noch ein weiterer „Burgsitz“ zu Wetter kam28. — Einen vierten Hof hatten zunächst die von Hohenfels inne, deren Geschlecht aber nur etwa 70 Jahre ständig zur Burgbesatzung gehörte; dann ging er ebenfalls auf die von Treisbach über, die ihn bis zu ihrem Aussterben 1527 behielten29. — Die von Treisbach, die um 1300 gleich zu dritt auf Elnhog dienten, hatten aber von vornherein noch einen weiteren „Burgsitz“, den Ludwig, genannt von Heppenberg, bewohnte. Dies war zugleich wohl der erste Hof, der aus dem Kener Grund auf die Bergeshöhe verlegt wurde: der sog. Heppenberger Hof, weil er auf dem Heppenberg, dem Vorhügel der Burg, lag. Denn schon bald nach 1300 nannte sich sein Besitzer, und danach der ganze Zweig seines Geschlechts, „von Heppenberg“. – Der „Heppenberger Hof“ wurde nach ihrem Aussterben 1436 an den Mellnauer Burgmann Johann von Wolmeringhausen, 1460 an den Amtmann Johann von Nordeck und von ihm 1478 an den Landgrafen verkauft, der ihn seitdem besaß30. – Einen 6. Hof schließlich hatten die Milchlinge von Michelbach, später gen. von Schönstadt, als Burgsitz. Er blieb, weil sie die letzten Burgmannen auf Elnbog waren, bis in die Neuzeit in ihrem Besitz31.

Hin und wieder wurden wohl auch für Ritter, die nur vorübergehend auf der Burg Dienst taten oder für sonstige Bedienstete, einfache Wohnhäuser am Berghang unmittelbar östlich unter der Burg, das „Tal“ genannt, errichtet. Das war der Anfang des Dorfes Mellnau.

Als Naturaleinkünfte gehörten zu dem Burglehen der Knibos die Einkünfte, die früher zu der Burg Hollende gehört hatten, nämlich die Zehnten (Ernteabgaben) und die Gerichtseinnahmen aus Bannebach und Hollende (bei Warzenbach), je 1 Hof zu Warzenbach und Helmershausen (bei Brungershausen), nebst der Mühle und der Fischerei in der Lahn daselbst; ferner der Zehnte zu Roda im Burgwald. Auch diese Rechte gingen 1362 auf Hermann von Falkenberg (später seine Witwe), 1391 auf die von Erfurtshausen und 1434 auf die von Hatzfeld über, die die angeführte Lahnfischerei um 1500 noch an Wettersche Bürger verkauften32. Die von Treisbach hatten als Burglehen noch 2 weitere Häuser mit Garten im „Tal“ von Mellnau (eins wohl auch von denen von Hohenfels übernommen33. Zum Burglehen der Milchlinge aber gehörten noch die Vogteirechte in Schönstadt sowie 1/3 des Zehnten zu Bernsdorf und 1/4 zu Unterrosphe.

Soweit die Ritter sich auch außerhalb der Burg zu Kriegsdiensten für ihren Herrn, den Erzbischof, verpflichteten, bekamen sie zudem noch weitere Rechte und Einkünfte als Vergütung, die dann „Mannlehen“ genannt wurden34. So hatten die von Hatzfeld verschiedene erzbischöfliche Gerichtseinnahmen in der Umgegend, die Kircheneinkünfte zu Kesterburg (auf dem Christenberg) Zehntanteile zu Rosphe, Sarnau, Goßfelden usw. – Die von Treisbach hatten noch 3 Morgen Land zu Mellnau, das Fischereirecht vor dem Hain „Musewinkel“ in der Wetschaft von Todenhausen bis gegen Münchhausen35 und ebenfalls einen Zehntanteil zu Rosphe. Die Milchlinge dagegen hatten als „Mannlehen“ ihr Hofgut zu Schönstadt, die Zehnten zu Schönstadt und Goßfelden sowie die Kircheneinnahmen zu Schönstadt, zu Oberrosphe und Sterzhausen36.

So war das Leben der Ritter und ihrer Familien, die regelmäßig mit ihnen auf dem „Burgsitz“ wohnten, ausreichend gesichert. In den letzten Jahrzehnten des 13. Jahrhunderts war aber offenbar ihr Leben auf Elnhog auch durch die Kriegsereignisse nicht weiter gefährdet. Denn tatsächlich hat Landgraf Heinrich in den über 40 Jahren seiner Regierungstätigkeit sich anscheinend streng an den Langsdorfer Vertrag von 1263 gehalten und die Burg Mellnau nie mehr angegriffen, wohl schon deshalb, weil er die in dem Vertrag von dem Erzbischof ihm zuerkannten Rechte in und um den Burgwald nicht unmittelbar wieder gefährden wollte. Und dies, obwohl er in der gleichen Zeit nach dem Beispiel seiner Mutter mindestens 10-15 weitere Burgen restlos zerstört hat (darunter 1277 auch die Stammburg der von Hohenfels bei Buchenau). Dabei störte es ihn nicht, daß er 1272 wegen neuer Brandschatzungen bei Battenberg und in Niederhessen öffentlich Sühne und Ersatz für alle bis dahin durch Mord, Brand, Raub, Wegnahme von Vieh und unberechtigte Steuererhebungen entstandenen Schäden versprochen hatte, daß der Erzbischof ihn 1273 erneut in den Kirchenbann tat und daß der neue König Rudolf von Habsburg 1274 sogar die Reichsacht über ihn verhängt hatte37. Seine häufigen späteren Fehden und Kriegszüge, unter denen das Volk viel zu leiden hatte, führte er regelmäßig in anderen Gegenden und außerhalb Hessens durch, und meist blieb er dabei sogar siegreich38.

Seine anerkannten Rechte in Wetter und im Burgwald nahm der Landgraf allerdings nachdrücklich wahr. So ließ er sich um 1280 mitten im Burgwald bei Merzhausen ein Jagdhaus errichten39, und er verbot um 1290 selbst seinem Schwiegersohn, dem Grafen von Ziegenhain, in „seinem Burgwald“ zu jagen oder jagen zu lassen. Zugleich schloß er 1290 mit dem damaligen Erzbischof Gerhard in Wetter einen „Friedensbund“, und beide verpfändeten sich sogar 1294 gegenseitig ihre Hälfte des „Dorfes Wetter“ für die Einhaltung ihres Bündnisses40.

Zur gleichen Zeit hatte der Erzbischof unerwartete Schwierigkeiten mit seinen alten Verteidigern der Burg Mellnau, den Grafen von Battenberg, deren halbe Grafschaft er vor langer Zeit schon einmal gekauft hatte. Vielleicht kamen die Schwierigkeiten daher, daß wohl seit 127741 die Verteidigung von Elenhog dem neuen Oberamtmann des Erzbischofs für Oberhessen, dem Amöneburger Ritter und Schultheiß Adolf von Nordeck, unmittelbar übertragen war, so daß die Beamten von Amöneburg seitdem den Grafen von Battenberg die Vergütung dafür, das „Mellnauer Burglehen“, verkürzt, d. h. gestrichen hatten42. Nachdem der alte Graf Widekind gestorben war, einigte sich sein Sohn Graf Hermann 1291 mit dem Erzbischof dahin43, daß sie die ganze Grafschaft untereinander aufteilten; zugleich verzichtete er auf alles, was seinen Eltern und ihm bisher von ihrem Mellnauer Burglehen vorenthalten worden war, indessen blieben der „Hain Musewinkel“ und die „Mühle zu den Spitzen“44 gemeinsam. 1296 kaufte dann der Erzbischof die ganze Grafschaft auf, so daß der Graf aus seinem Dienst ausschied45.

Die Ritter zu Elnhog sehen wir in dieser ganzen Zeit fast nur als Zeugen in Urkunden auftreten, wenn ihre Bekannten oder Verwandten zu ihrem Seelenheile Güter in der Umgegend an die verschiedensten Klöster verschenken oder tauschweise übertragen46. Meingot Knybe von Elenhog war darüber hinaus Zeuge, als Landgraf Heinrich 1296 im Streit mit seinen Söhnen um die Erbschaft vor König Adolf zu Staufenberg sein Land aufteilte und dabei seine oberhessischen Besitzungen, einschließlich seines Anteils an Wetter und dem zugehörigen Burgwald, nach seinem Tode den erstehelichen Söhnen zusprach47.

Weiterlesen: Das 14. Jahrhundert der Burg Mellnau

  1. Er lebte noch 1280; vgl. Wyß I Nr. 135, Hessenland 1955, F. 32; Wenck II UB 212 Anm., Archiv f. hess. Geschichte u. Landeskunde III, 5.214; 1292-1311 amtierte in Wetter sein Sohn Heinrich als Schöffe und Bürgermeister; vgl. u. a. Schunder, F., Die oberh. Klöster, Bd. 1, 1961, Nr. 59, 76, 79, 84, 94, 378.
  2. Ilgen u. Vogel a. a. O., S. 294, 323 ff.
  3. Schäfer, K. H., Gesch. d. Ortschaften, a. a. O., S. 2.
  4. Ilgen u. Vogel a. a. O., S. 341.
  5. Heldmann, A., Stift Wetter, a. a. O., S. 81; Vogt, E., Mainz und Hessen, a. a. O., S. 16/17; Lotzenius, L., Gesch. d. Ämter Wetter u. Battenberg, Diss. 1931, T. 2, S. 143. Vgl. Urkundenauszug in Anlage 1.
  6. Deshalb hatte der Landgraf über 100 Jahre später, um 1360, noch keinerlei Rechte und Güter in Mellnau; nur an den Waldwiesen am Dammberg und im „Berental“ zw. Mellnau und Oberrosphe hatte er den halben Medem (Rottzins). Vgl. Küch, F., Die ältesten Salbücher d. Amtes Marburg, in ZHG 39 (1905) S. 145 ff.,. Hen¬seling, J., Wüste Orte um Mellnau a. a. O.
  7. Vgl. Vogt, E., a. a. O., Görich, W., Spiel mit Städten und Burgen, a. a. O., Schäfer, K. H., Ortschaften, S. 27; Diefenbach a. a. O., S. 132 f., 175; Boucsein a. a. O., S.31.
  8. Wyß, Urkundenbuch d. Deutschordensballei Hessen, Bd. II Nr. 316.
  9. Diefenbach, H., a. a. O., S. 175.
  10. Grotefend a. a. O., Nr. 160, 161.
  11. Nicht „bei Battenberg“. Vgl. Hoffmeister, Flurbenennungen aus d. Amtsbez. Wetter, in ZHG 10 (1865), S. 238 ff.; Henseling, J., Die Schlagpfütze war Warmshausen, in Hessenland-Beil. d. OPr. 1961, F. 6.
  12. Vgl. Gudenus, F. v., Codex Dipl., Bd. I(1743), S. 669 ff., u. Urk. Nr. 13 in Anlage 1 (Ausz.).
  13. Ähnlich wie 1228 auf Schloß marburg: Keyser, E., Die städtebauliche Entst. d. Stadt marburg, in ZHG 72 (1961), S. 780, Anm. 12.
  14. Vgl. Heldmann, A., Das Geschlecht v. Dersch, in ZHG 34 (1901), S. 160/61, u. 219/21.
  15. Vgl. Landau, G., Ritterburgen Bd. 4 S. 172, 175; Heldmann, A., Stift Wetter, a. a. O., S. 105; Schäfer, K. H., Gesch. d. Ortschaften, S. 27. – Siehe Anlage 3.
  16. Nicht „Sideknibo“ oder gar „Sindeknibe“, wie Landau S. 172 bzw. Justi a. a. O., S. 153 (dessen Angaben auch sonst teilweise ungenau sind) und nach ihnen andere aufgrund eines offensichtl. Lesefehlers angeben; vgl. Schunder, F., Oberh. Klöster, Nr. 10; auch Weidemann, Landgraf Heinrich IL u. d. Erzstift Mainz, in ZHG 20 (1895), S. 427 ff. – „Von Elnhof° zur Unterscheidung von dem verwandten Knibo von Windhausen, von Oppershofen usw.
  17. Bei der Bezifferung folge ich den Tafeln von Landau, Ritterburgen, Bd. 4, S. 170, bzw. von Heldmann, A., in ZHG 30, Anlage.
  18. Vogt, E., Mainz u. Hessen, a. a. O., S. 29; Weidemann, a. a. O., S. 437; schon 1273 hatten sich beide „Äcker in Schönstadt angeeignet“ (vgl. Sponheimer, M., Ur¬kundenb. d. Stadt Wetzlar, 1943, Nr. 104), wo sie als Mellnauer Burgmannen die Vogtei hatten!
  19. Schäfer, K. H., Ortschaften, S. 27.
  20. Diese waren aber – außer denen von Hatzfeld – auch später nie Burgherren oder Pfandherren, insbes. auch nicht die Milchlinge von Schönstadt, sondern gehörten immer nur zur Burgmannschaft; mißverständl. insoweit Heldmann, Stift Wetter, a. a. O., S. 105, irrig Boucsein a. a. O., S. 53.
  21. Heldmann, A., D. Geschl. v. Hohenfels, in ZHG 30 S. 347; Niemeyer, W., 1200 Jahre Sehlen, S. 15.
  22. Schunder, F., Oberh. Klöster, Nr. 76.
  23. Vgl. Kopp, J. A., Proben d. dtsch. Lehnrechts, Bd. 2, 1746, S. 115 f., 315 ff.
  24. Heldmann, A., Stift Wetter, a. a. O., S. 81/82 u. 120.
  25. Die Burgsitze des Marburger Schlosses befanden sich sämtlich in der „Ritterstraße“. Siehe Knetsch, C., Der Forsthof u. d. Ritterstr. z. Marburg, 1909.
  26. So auch Schäfer, a. a. O., S. 27; bestätigt durch die späteren Besitzverhältnisse, vgl, unten.
  27. Heldmann, A., Stift Wetter, S. 110; Geiger, F., Königshof und Stiftsstadt, in Hessenland.Beil. d. OP 1954, F. 17.
  28. Landau, G., Ritterburgen, Bd. 4, s. 166 f.
  29. Vgl. Heldmann, A., Geschl. v. Hohenfels, a. a. O., S. 362; derselbe, Stift Wetter, a. a. O., S. 120.
  30. Heldmann, A., v. Hohenfels, S. 363; Diefenbach, H., a. a. O., S. 200 f.
  31. Heldmann, A., Stift Wetter, S. 120.
  32. Wenck, H. B., Hess. Landesgesch., Urkundenbuch Bd. 2 5.414; Schenk v. Schweinsberg, G., Beitr. z. alth. Terr.Gesch., in Arch. f. Hess. Gesch. 13 (1874), S. 437/38; Heldmann, A., Stift Wetter, S. 80 f.; Diefenbach, a. a. O., S. 176, 233; Schunder, a. a. O., Nr. 206, 211/12.
  33. Heldmann, A., Stift Wetter, S. 119 f.; v. Hohenfels, S. 362. 32) Vgl. Kopp, J. A., a. a. O.
  34. Vgl. Kopp, J. A., a. a. O.
  35. Vgl. oben, Note 10.
  36. Im einzelnen wegen der Mellnauer Lehen; Anlage 4.
  37. Vogt, E., Mainz u. Hessen, a. a. O., S. 20; Schäfer, a. a. O., S. 27; Demandt, K. E., Gesch. d. Landes Hessen, S. 152 f.
  38. Vogt, E., a. a. O., S. 27 ff.; Weidemann, a. a. O., S. 404 ff.
  39. Weidemann, a. a. O., S. 438 f.
  40. Vogt, E., Regesten d. Erzbischöfe v. Mainz, 1913, Nr. 116, 156, 389.
  41. Ebenso für Fritzlar: Demandt, K. E., Quellen z. Gesch. d. Stadt Fritzlar, S. 156 ff, 163 ff., Urk. Nr. 61; derselbe, Gesch. d. L. Hessen, S. 240; Falk, H., Mainzer Behördenorganisation in Hessen, 1930, S. 16 ff., 78; Diefenbach, H., S. 78.
  42. Tatsächlich stand Graf Hermann von Battenberg 1282 auf Seiten des Landgrafen; vgl. Grotefend, Regesten Nr. 243.
  43. Vogt, E., Regesten d. Erzbischöfe v. Mainz, 1913, Nr. 235; derselbe, Mainz u. Hessen, II. T., in Mitt. d. Oberh. G. V. N. F. 21 (1914), S. 157.
  44. Vermutlich die Mittelmühle, die spätere Papiermühle, deren Müller in den ersten Jahrzehnten in ledernen Schläuchen auf Maultieren (auf dem „Eselspfad“) das nötige Wasser zur Burg schaffen mußten, vgl. Plitt, J. J., Nachrichten v. d. oberh. Stadt Wetter, 1769, S. 24, – nicht, wie Sangmeister a. a. O., S. 28, meint, das Mehl. Schon 1228 hatten die Grafen v. Battenberg Güter zu Wetter gehabt: Posse, 0., Urk. d. Markgrafen v. Meißen usw., Bd. 3 Nr. 409.
  45. Er tritt danach als Zeuge beim Landgrafen auf: Gundlach, F., Hess. Zentralbehörden, Bd. 3 Dienerbuch, 1932, S. 10; Wenck, H. B., Hess. Landesgesch., Bd. III (1805), S. 112/13; Anhalt, E., Kreis Frankenbg., S. 27/28; Lotzenius, L., Ämter Wetter u. Battenberg II, S. 146; Lennarz, U., Hess. Hinterland, S. 47.
  46. Vgl. die Urkunden in Anlage 1.
  47. Weidemann, Landgr. Heinrich 1., a. a. O., S. 456; Vogt, E., Mainz u. Hessen, T. 2, a. a. O., S. 17 ff.

V
or etwa 1000 Jahren, also um das Jahr 1000 nach Christi Geburt, war die Stadt Wetter der kulturelle, wirtschaftliche und zugleich landschaftliche Mittelpunkt des ganzen Gebietes, das heute von den Kreisen Marburg und Frankenberg umfaßt wird1. Marburg und Frankenberg gab es damals noch nicht, ebenso wenig wie alle die andern Städte und Städtchen ringsum. Nur Amöneburg lag – mit einem Kloster und einer kleinen Bergsiedlung – schon am Rande des Ohmtales, war aber wirtschaftlich wenig bedeutend.

Dieses Gebiet unterstand damals vielen Herrschaften. Ein großer Teil davon gehörte indessen unmittelbar dem deutschen König, und das könig­liche Gut wurde von den Grafen Giso verwaltet, die auf der Burg Hohenlinde (Hollende) bei Warzenbach westlich von Wetter saßen. Zu dem Königsgut gehörte insbesondere der königliche Hof in Wetter und der gesamte Burg­wald und Wollenberg2,der seit Karl d. Gr, um 800 n. Chr. ein königlicher Reichsforst und damals noch ungeteilt war.

Um das Jahr 1015 etwa wurde von den schottischen Köngiskindern Al­mudis und Digmudis in dem Königshof zu Wetter ein weltliches Frauenkloster, ein sog. „Stift“, gegründet3 (ähnlich wie gleichzeitig in Oberkaufungen bei Kassel), in dem hauptsächlich ledige Töchter des Adels der Umgebung auf Lebenszeit Aufnahme fanden. Diesem Kloster überließ der fromme Kaiser Heinrich II. neben dem Wollenberg bei Wetter die ganze westliche Hälfte des Burgwaldes zur dauernden Nutzung und Unterhaltung4, während er die östliche Hälfte gleichzeitig zusammen mit dem Königshof in Wohra als Mittel­punkt dem Kloster Fulda übertrug. Schirmherren des neuen Klosters in Wetter wurden wiederum die Grafen Giso auf Hollende, die das Stift und den dazu­gehörigen Burgwald als Vögte des Königs schützten und verwalteten5.

Etwa 50 Jahre später, um das Jahr 1070 n. Chr.6, schenkte der jugendliche Kaiser Heinrich IV., als er in politischer Bedrängnis war, den Königshof samt dem Stift in Wetter und mit ihm den ganzen westlichen Burgwald dem klugen Erzbischof Siegfried von Mainz, und die Grafen Giso verwalteten bei¬des nunmehr als dessen Vögte und Lehnsleute weiter. Wieder 50 Jahre danach, im Jahre 1122, starben sie aber im Mannesstamm aus, und ihre Erben wurden – durch die Heirat der letzten Gisonentochter – die Landgrafen von Thüringen, die nunmehr insoweit ebenfalls Lehnsleute des Erzbischofs von Mainz wurden7). Zur Verwaltung des ferne gelegenen Stifts Wetter und des Burgwaldes setzten sie indessen Untervögte ein. Einer der ersten war Graf Boppo von Hollende und Reichenbach (um 1140-1170), später war es ein Vogt Heinrich von Wetter (um 1210-1220). Damals hatte das Stift Wetter bereits in dem Raum zwischen Waldeck und dem Ebsdorfer Grund, z. T, auch in Niederhessen, zahlreiche Güter und Höfe zu eigen, die an Herren und Ritter der Umgegend als Mannlehen ausgeliehen waren, darunter auch 6 Höfe in dem alten Dorf Kene am Oberlauf des Steddebaches, östlich von Wetter und Todenhausen,am Burgwaldrand8).

In den Jahren zwischen 1230 und 1240 strebten die thüringischen Land­grafen nachdrücklich dahin, ihre Macht in Hessen auszudehnen und vor allem die ihnen unbequeme Oberherrschaft des Erzbischofs von Mainz abzuschütteln. Nachdem soeben die junge verwitwete Landgräfin Elisabeth, die spätere hei­lige Elisabeth, in Marburg verstorben und begraben worden war, zerstörten sie 1232 die mainzische Stadt Fritzlar, gründeten dafür 1233/34 die Burg und Stadt Frankenberg am Nordrand des Burgwaldes und befestigten und ver­stärkten zugleich ihre Jahrzehnte zuvor gegründete Burg und Stadt Mar­burg9.Um 1238/39 riß dann der Sohn der heiligen Elisabeth„ der jugend­liche Landgraf Hermann von Thüringen, auch die Stadt Wetter mit Gewalt an sich und schaltete damit zugleich den Erzbischof von Mainz, wie die mit ihm verbündeten Grafen von Battenberg aus der Verwaltung des Stifts und des Burgwalds aus10. Jedoch starb Landgraf Hermann schon 3 Jahre später, und bald danach starben die Landgrafen von Thüringen im Mannesstamm ganz aus11. In den darauf folgenden Wirren um die Erbschaft konnte sich der Erz­bischof Siegfried von Mainz des Burgwalds wie der Stadt und des Stifts Wetter zunächst wieder bemächtigen. Auf Hollende saßen seine Anhänger, ebenso wie auf den meisten anderen Burgen der Umgegend.

Im Frühjahr 1248 kam dann die Schwester des verstorbenen Landgrafen Hermann und Tochter der heiligen Elisabeth, die eben verwitwete Herzogin Sophie von Brabant, mit ihrem 4jährigen Söhnchen Heinrich nach Marburg und bemühte sich, Landgräfin von Hessen zu werden12. Dazu verband sie sich mit dem Deutschen Ritter-Orden, der in Marburg eine Hauptniederlassung – das „Deutsche Haus“ – gegründet hatte und das Grab, die Grabkirche sowie das hinterlassene Vermögen der heiligen Elisabeth in und um Marburg verwal­tete. Außerdem scharten sich um sie eine Anzahl von Rittern der Umgebung, die schon zuvor im Sold der thüringischen Landgrafen auf deren Burgen ge­dient hatten, so außer denen auf Schloß Marburg selbst die Schenken von Schweinsberg, die Herren von Nordeck, von Dernbach und andere. Ihnen ge­genüber standen diejenigen Ritter und Adligen im Lande, die auf den ehemals königlichen und jetzt erzbischöflichen Burgen und Schlössern saßen und die daher dem Erzbischof als ihrem alten Herrn treu und ergeben waren. Sie lehn­ten es ab, der aus Brabant herübergekommenen und bisher ganz fremden Herzogin als neuer Landgräfin zu huldigen. Die Herzogin Sophie war aber im Gegensatz zu ihrer Mutter eine resolute und kriegerische Frau13. Sie stellte deshalb schon bald nach ihrer Ankunft eine Schar von wohlgerüsteten, schwerbewaffneten Rittern und Reisigen zusammen und ließ – nachdem so­eben der alte Erzbischof Siegfried gestorben war und sie sich durch fromme Taten inzwischen die Gunst des Papstes erworben hatte14 – im Frühsommer 1249 in einem Blitzfeldzug alle ihr nicht ergebenen Ritter niedermachen und ihre Burgen und Schlösser durch hörige Bauern der Umgebung bis auf den Grund zerstören15: so die Burg Weißenstein bei Wehrda, die Hunburg an der Ohm bei Anzefahr, die Hundeburg bei Oberrosphe, das Schloß Hollende bei Warzenbach und die Burg Blankenstein bei Gladenbach. Die Herren zu Hohenfels bei Buchenau konnten sich und ihre Burg nur dadurch vorläufig retten, daß sie sich den Angreifern und der Herzogin bedingungslos ergaben.

Das war ein schwerer Schlag für den neuen Erzbischof von Mainz, und er holte sogleich zum Gegenschlag aus. Seine erste Maßnahme war, daß er um­gehend die Stadt Wetter wieder durch starke eigene Truppen besetzen ließ. Die zweite war, daß er anstelle der soeben zerstörten Burgen, besonders der Hollende westlich von Wetter, des alten Sitzes der Vögte, und der Hunde­burg östlich von Wetter, des Sitzes der Ritter von Rosphe als Verwalter des Burgwalds, nun nordöstlich am Burgwaldrand, hoch über dem alten Dorf Kene (später Keyne oder Kane) auf dem Berge „Elenhoug“ eine neue starke Festung, die Burg Mellnau errichten ließ16.

Und dies war ein kluger Schachzug, ebenso geschickt und klug wie 15 Jahre zuvor die Gründung der Burg auf dem Frankenberg durch die thüringi­schen Landgrafen, gegen die die neue Burg nunmehr in erster Linie gerichtet war. denn die Bergkuppe, auf der sie erbaut wurde, gewährte nicht nur einen weiten Ausblick in das Land nach Norden, Süden und Westen, sondern lag zugleich an und über 3 wichtigen Fernstraßen, die sich damals alle bei Toden­hausen kreuzten: Der alten Reichs- und Kaiserstraße, auch Weinstraße (d. h. Wagenstraße) genannt, die von Frankfurt und Wetzlar über Wetter am Sonn­wendskopf vorbei nach Frankenberg und weiter nach Niedersachsen führte; einer Abzweigung der Köln-Thüringer Handels- und Kaufmannsstraße, auch Sälzerweg (d. h. Salzhändlerweg) genannt, die von Berleburg herüberkam und über Niederasphe und Kene mitten durch den Burgwald nach Wohra, der Salzstadt Soden-Allendorf und Eisenach weiterzog; und schließlich der politi­schen Landstraße von Battenberg, dem neuen oberhessischen Grafensitz, über die heutige Schlagpfütze, über Oberrosphe und Schönstadt nach Amöneburg, dem Zentrum der Mainzer Herrschaft in Oberhessen17. Eine Festung, von der aus die Truppen des Erzbischofs alle diese wichtigen Straßen beherrschen, vor allem aber den Verkehr zwischen den landgräflichen Burgstädten Marburg und Frankenberg sperren konnten, mußte ein nahezu unbesiegbares Bollwerk sein. Und daß die Burg Mellnau das war, hat sie in den folgenden Jahrhunderten des Mittelalters bewiesen.

Die genaue Bauzeit der Burg ist nicht bekannt18. Der hessische Chronist Riedesel, der etwa 100 Jahre später schrieb, läßt sie schon um das Jahr 1246 entstehen und um dasselbe Jahr dagegen die Burg Frauenberg südlich von Marburg errichten19. Aber 1246 war die Herzogin Sophie von Brabant noch gar nicht im Land; sie kam erst 1248 nach Hessen, und der Frauenberg ist frühestens 1252 vor allem gegen Amöneburg erbaut worden. – Der Frankenberger Chronist Gerstenberg, der um 1500 schrieb, verlegt die Errichtung anscheinend in das Jahr 124720. Aber auch bis dahin bestand eigentlich noch kein besonderer Anlaß für den Erzbischof von Mainz, hier eine neue Burg zu gründen, zumal er noch genug andere Burgen in der Umgebung zur Verfügung hatte, die ihm entweder gehörten oder die doch von seinen Anhängern besetzt waren. – Meist wird daher angenommen, daß die Burg 1248 begonnen worden sei21. Dafür könnte immerhin sprechen, daß der erste Chronist Riedesel sie jedenfalls schon vor der Zerstörung von Weißenstein und Hollende erbauen oder wenigstens beginnen läßt22, zum andern aber der Fund einer Wetterschen Münze aus dem Jahre 1248, spätestens Anfang 1249, die auf der Vorderseite das Brustbild des Erzbischofs Siegfried, auf der Rückseite einen schreitenden Hirsch zeigt, der von den Fachkennern auf den Namen der neuen Wetterschen Schutzburg – „Elenhog“ – gedeutet wird23. Wenn damals wirklich der Bau der strategisch wichtigen Burg schon geplant oder begonnen war, so konnte er doch zumindest im Sommer 1249 noch nicht sehr weit ge¬diehen sein, denn sonst hätte die Herzogin sicher auch diese neue Trutzburg nicht unversehrt gelassen, sondern gleichfalls sofort wieder von Grund auf zerstören lassen, wie sie alle andern Mainzer Burgen der Umgebung dem Erdboden gleich machen ließ. – Dies nun war allerdings ein Grund zur schleunigen Errichtung einer ebenso „modernen“ wie zentral gelegenen Kampfburg gegen die neuen Feinde in Oberhessen, vor allem grade als Ersatz für die Hollende, an deren Stelle sie danach tatsächlich in jeder Richtung trat. Es ist bekannt, daß bald nach dem vernichtenden Blitzfeldzug der Herzogin durch Oberhessen der neue Erzbischof von Mainz Ende 1249 auf der Amöneburg eintraf, wo er verschiedene Ritter – sogar solche, die bisher den Landgrafen gedient hatten – als Burgmannen in seine Dienste nahm, zum Kampfe gegen jedermann, d. h. vor allem gegen die noch in Marburg weilende Herzogin von Brabant24. Von hier aus dürfte er damals auch die Anweisung zum sofortigen Aufbau der Burg Mellnau, vielleicht aufgrund schon bestehender oder eben fertiggestellter Pläne, gegeben haben. Fest steht, daß die Burg von dem Erzpriestersitz Amöneburg aus aufgebaut worden ist, von dem aus später die Mittel zu ihrer Unterhaltung und zum weiteren Ausbau beschafft, ja sogar erzbischöfliche Verwalter nach Mellnau gesetzt wurden. – Spätestens Anfang 1250 wird also mit der planmäßigen Bauanlage begonnen worden sein25. – Die neuere Meinung, die Burg sei erst „bald nach 1250“ erbaut worden26, kann sich also nur auf die endgültige Fertigstellung beziehen. Denn obwohl der Bau offenbar rasch voranging, dauerte es natürlich unter den damaligen Verhältnissen einige Jahre, bis ein solches massives Bauwerk auf der noch unbewohnten und unzugänglichen Höhe des Berges einwandfrei erstellt werden konnte.

In ihrer ersten Gestalt dürfte die Burg nur aus einem mehrstöckigen steinernen Wohnturm mit wenigen Nebengebäuden, dem eingeebneten und gepflasterten Innenhof sowie aus der alles umschließenden, mehrere Meter mächtigen und hohen Ringmauer bestanden haben, in die Wehrgänge und Schießscharten für die Ritter eingelassen waren27. Die Bau-, Transport- und Wegearbeiten besorgten die hörigen Bauern der Umgebung. – Zwischen 1248 und 1252 muß also der Gesamtaufbau der Burg, mit Befestigungsanlagen, Zufahrtswegen usw. erfolgt sein.

Die Herzogin Sophie konnte dem Bau offensichtlich keine Hindernisse in den Weg legen28. Denn einmal war sie grade Anfang 1250 mit ihren engsten Marburger Vertrauten und Gefolgsleuten nach Thüringen auf die Wartburg gezogen, um sich dort mit ihrem Vetter wegen der thüringischen Erbschaft auseinanderzusetzen. Zum andern mußte sie im Frühjahr 1250 schon wieder in Brabant sein wegen ähnlicher Angelegenheiten. Sie konnte sich deshalb um die Vorgänge in der Umgebung von Marburg im Augenblick nicht mit der Kraft kümmern, wie sie es begonnen hatte. Daher war es ja auch den Anhängern des Erzbischofs so bald gelungen, ihre Leute aus der Stadt Wetter wieder zu vertreiben und sie fest in ihren Besitz zu nehmen. Damit beherrschten sie zugleich den ganzen mittleren und südlichen Burgwald, und im Schutz von Wetter konnte der Aufbau der Burg Mellnau ungestört vorangehen. – Die Gegner in Marburg konnten inzwischen weiter nichts tun, als – seit 1252 — gegenüber der Amöneburg die Burg Frauenberg zu errichten, die aber, weil ungünstig gelegen, nie eine besondere Bedeutung erlangt hat29.

Der Name Mellnau stammt von dem Berg, auf dem die Burg erbaut wurde und bedeutet ursprünglich „Großer Hügel“.

Dafür belegte der Erzbischof dann Anfang 1252 die Herzogin Sophie noch mit dem Kirchenbann30. Und im Mai 1252 schloß er, wieder zu Amöneburg, ein Schutz- und Trutz-Bündnis mit dem Grafen Berthold von Ziegenhain und dem jungen Grafen Widekind von Battenberg, die ihm tätige Hilfe gegen jedermann gelobten31. Grade der letztere übernahm dabei offenbar den persönlichen Schutz der neuen Burg Mellnau, die ja innerhalb seiner Grafschaft lag. Er erwies sich auch in den Fehden der folgenden Jahre stets als ein treuer Parteigänger des Erzbischofs und erneuerte das Schutz- und Trutzbündnis mit ihm gegen die Herzogin und Landgräfin Sophie nochmals ausdrücklich zu Amöneburg im November 125932. Um diese Zeit muß die Burg Mellnau schon drohend und kampfbereit dagestanden haben, denn in den folgenden mehrjährigen Kämpfen der Landgräfin gegen den Mainzer Erzbischof (zwischen 1261 und 1263) hat sie bereits eine bedeutsame politische und militärische Rolle gespielt.

Über den Namen der Burg Mellnau ist ebenfalls viel gerätselt worden33. Er stammt von dem Berg, auf dem sie erbaut wurde, und ist natürlich sehr alt. In der ersten Urkunde von 1263 lautet er „Elenhouch“, wobei das „ch“ wie ein „g“ zu lesen ist; in den folgenden 50 Jahren lautet er meist „Elenhoug“ und ähnlich oder einfach abgekürzt „Elnhog“34, wie die Burg dann noch jahrhundertelang genannt wird. Dabei bedeutet die 2. Silbe nicht „hoch“ sondern „Hügel“ oder „Berg“, und die 1. Silbe hat nichts mit der Elle zu tun, sondern kommt von dem altgermanischen Wort „elan“, d. h. „groß“. Beides zusammen bedeutet also ursprünglich „Großer Hügel“ oder großer Berg35.

Um das zu verstehen, muß man sich auf den Standpunkt der Bauern des Dorfes stellen, das damals unten im Tale am Fuße des Berges lag und dessen erste, wohl chattische Bewohner ihm viele Jahrhunderte zuvor den Namen gaben. Wenn sie damals im tiefen Wiesengrund von „Kenaha“ aus ihren Hütten traten, dann erblickten sie vor sich stets als höchste Erhebung – dem Sonnwendskopf gegenüber – eben diesen Berg, den sie danach in ihrer altdeutschen Sprache einfach „elen houc“, den großen Hügel nannten. Als nun um 1250 der Erzbischof von Mainz auf diesem Berg eine Burg errichten ließ, kam der Name bald in aller Munde. Allerdings kannten die fremden Schreiber oft nicht die genaue mundartliche Bezeichnung, und so entstanden die vielen Zwischenformen und Abwandlungen der Schreibweise in der Folgezeit36. Aber auch die alte Bedeutung des Wortes war offenbar schon nicht mehr geläufig. So kam es, daß man nun unter „Elen“ – wie auch heute noch – einen Elch oder Hirsch verstand und den Namen als „Hirschhügel“ oder „Hirschberg“ deutete. Nur daher konnte es geschehen, daß die damals geprägten Wetterschen Münzen unter Anspielung auf die neue Stadtbefestigung einen Hirsch trugen37. Noch vielfältiger wurde die Schreibweise, als der Volksmund aus der Burg „Am Elenhog“ schon nach wenigen Jahrzehnten die Burg „M’Elenhog“ machte, woraus dann schließlich, mit den verschiedensten Abwandlungen, „Melnhau“ und endlich „Mellnau“ wurde.

Weiterlesen: Die ersten Jahrzehnte der Burg Mellnau um 1260-1300

  1. Heß, W., Der marburger Pfennig, in Hess. Jahrb. f. Landesgesch. Ed. 8 (1958) S. 71 ff., bes. S. 86 ff.
  2. Vgl. Boucsein, H., Der Burgwald, Marburg 1955, S. 47 ff.
  3. Vgl. Heldmann, A., Zur Geschichte des Stiftes Wetter, usw., in ZHG 34 (1901), s. 90.
  4. Ähnlich Heß, a. a. O., s. 89, auch f. d. Ebsdörfer Grund usw.
  5. Vgl. Demandt, K. E., Geschichte d. Landes Hessen, 1959, S. 142/3.
  6. Ebenso für Fritzlar: Demandt, K. E., Quellen z. Gesch. d. Stadt Fritzlar im Mittelalter, 1939, S. 8 ff.; Falckenheiner, Gesch. Hess. Städte u. Stifter, S. 64 ff.; ähnlich Görich, W., Frühmitt. Straßen u. Burgen in Oberhessen, Diss. 1948, S. 106 ff.: „Verm. nach 1079″.
  7. Vgl. Görich, W., Ein Spiel mit Städten und Burgen, in Gesch.-Beil. d. OP 1949, Nr. 20.
  8. Heldmann, A., Zur Gesch. d. Stifts Wetter, a. a. O., S. 102 ff.; Schäfer, K. H., Gesch. d. Ortschaften im Amt Wetter, Marburg 1929, S. 3 u. 26; Berndt, H., Der Burg¬wald, Diss. Marburg 1948 (Masch.) S. 114; Diefenbach, H., Der Kreis Marburg, 1943, S. 201; Heß, a. a. O., S. 86 ff.; Lennarz, U., Terr. gesch. d. hess. Hinterlandes, Diss. Marburg 1957 (Masch.), 5.51; Henseling, J., Wüste Orte um Mellnau, in Hessenld.¬Beil. d. OP 1961, F. 22. – Soweit im Folgd. auf die Urkunden selbst nicht ausdr. verwiesen wird, finden sie sich in Anl. 1.
  9. Anhalt, E., D. Kreis Frankenberg, 1928, S. 32; Görich, W., Spiel mit Städten u. Burgen a. a. O.; Demandt, K. E., Gesch. des Landes Hessen, 1959, s. 146 f.
  10. Ilgen, Th., u. Vogel, R., Gesch. d. thür. Erbfolgekrieges 1247/64, in ZHG 20 (1883) S. 247; Görich, W., a. a. O.
  11. Dazu Wenck, K., Die letzten Jahre d. Ludow. Herrschaft, in Mitt. d. VHG.1899, S. 42 ff.
  12. Ilgen u. Vogel, a. a. O., S. 263 ff.
  13. Ilgen u. Vogel a. a. O., S. 240; Schäfer, Ortschaften, a. a. O., S. 26.
  14. Vogt, E., Mainz u. Hessen im spät. Mittelalter, Teil I. in Mitt. d. Oberh. Gesch. V., NF. 19 (1911) S. 12.
  15. Ilgen u. Vogel, a. a. O., S. 272 ff.; Görich, W., Die Hunburg b. d. Betziesdorfer Hainmühle, in Gesch.Beil. d. OP 1952, Nr. 90; Henseling, J., Wüste Orte um Mellnau u. Oberrosphe (Forts.) in Hessenld.Bei1. 1961, F. 23.
  16. Schäfer, a. a. O., S. 27; Hampel, H., 700 Jahre Mellnau, in Gesch.Beil. 1950 Nr. 27; Henseling, J., a. a. O., F. 22.
  17. Vgl. Diefenbach, H., a. a. O., S. 132; Hampel, a. a. O.
  18. Landau, G., Die hess. Ritterburgen Bd. 4 (1839), S. 171 läßt den näheren Zeitpunkt offen; anders in Beschr. des Kurfürstentums Hessen (1842) II. 2. T., S. 391.
  19. Riedesel bei Kuchenbecker, J. Ph., Analecta Hass., Coll. III, 7. Ebenso Plitt, J. J., Nachr. v. d. Stadt Wetter, 1769, 24; Winkelmann, J. J., Beschr. d. Fürstent. Hessen u. Hersfeld, 1697, T. 4 228/9; Dersch, W., Oberh. Heimatgeschichte, 1925, S. 56.
  20. Gerstenberg bei Diemer, H., Die Chroniken, 1909, S. 214/15.
  21. So schon Justi, K. W., Die Vorzeit 1838, S. 145/47; Heldmann, A., Stift Wetter a. a. O., S. 81; auch Heßler, C., Hess. Landes- u. Volkskunde, 1906/7, I. 2. T., S. 274 und Sangmeister, E., Der Christenberg usw., 1921, S. 23.
  22. Bei Kuchenbecker, Coll. III, S. 7.
  23. Buchenauer, H., Der Marburger Brakteatenfund, Marburg 1924, 5.10/11; Heß, W., Der Marburger Pfennig, a. a. O., S. 94. 24) Ilgen u. Vogel, a. a. O., S. 274.
  24. Ilgen u. Vogel, a. a. O., S. 274.
  25. So auch Landau, G., Beschr. d. Kurfürstentums Hessen, 1842, II. 2. T., S. 391; ähnlich (um 1250) Reimer, Hist. Ortslexikon v. Kurh. 1926; Görich, W., Der Christenberg in Hess. Heimat 1953, S. 17; derselbe, Burg Frauenberg, in Hessenld.-Beil. d. OP 1962, F. 10/11; Boucsein, H., Der Burgwald, S. 2.
  26. Vgl. Ilgen u. Vogel, a. a. O., S. 312; Hampel, H., a. a. O.; Eckhardt, W. A., „Mellnau“ in Handb. d. Hist. Stätten, Bd. 4 S. 301.
  27. Vgl. die ähnliche Anlage der etwa gleichzeitig errichteten Burgen Schweins¬berg: Eckhardt, W. A., in Gesch.Beil. d. OP 1953, Nr. 129, und Rauschenberg: ders. in Handb, d. Hist. Stätten Bd. 4 Hessen, S. 340.
  28. Justi, K. W., a. a. O., S. 147; Landau, G., Die hess. Ritterburgen, Bd. 2, 1833, S. 201 ff.; Görich, W., in Hessenld. a. a. O.
  29. Ilgen u. Vogel, a. a. O., S. 245, 290 ff.
  30. Vogt, E., Mainz und Hessen, a. a. O., s. 14.
  31. Ilgen u. Vogel a. a. O., S. 311; Grotefend, Landgrafenregesten Nr. 35.
  32. Ilgen u. Vogel a. a. O., S. 333; Grotefend, a. a. O., Nr. 61.
  33. Vgl. Justi a. a. O., S. 145.
  34. Im einzelnen vgl. Anlage 2.
  35. Arnold, W., Ansiedlungen u. Wanderungen deutscher Stämme, 1875, S. 342;Bach, A., Deutsche Namenkunde, 1953, Bd. II, T. 1, § 288 S. 257; Berndt, H., Burgwald, s. 119.
  36. Der Verf. hat über 50 Schreibweisen festgestellt, vgl. AnL 2.
  37. Vgl. Buchenauer, H., u. Heß, W., a. a. O. (Note 23 oben).

D
igitalisiert aus der Festschrift „700 Jahre Burg Mellnau“ im Jahre 2013 von Andreas W. Ditze.

Nach alten Urkunden und Chroniken neu dargestellt von Dr. Jakob Henseling

Kassel 1962/63

Mit 5 Anlagen:

  1. 115 Urkunden von der Burg Mellnau
  2. 53 Schreibweisen des Namens Mellnau
  3. Burgherren und -mannen auf der Burg Mellnau
  4. Die Mellnauer Burg- und Mannlehen
  5. Rittergeschlechter auf Burg Mellnau

Bisherige Kurz- und Teildarstellungen:

  1. Justi, K. W., Die Burg Melnau bei Wetter (mit einer Ansicht v. G. Creuzer) in „Vorzeit“ 1838, 140 ff
  2. Landau, G., Melnau (mit einer Ansicht, Steindruck) in „Hessischen Ritter­burgen“ Bd. 4, 1839, 171 ff.
  3. Heldmann, A., Zur älteren Geschichte der Stadt und des Stifts Wetter und der Burg Mellnau, in „Zeitschr. f. Hess. Geschichte“, Bd. 34, 1901, 69 ff.
  4. Sangmeister, E., Der Christenberg und die Burg Mellnau im Burgwald, Marburg 1924 (mit 1 Zeichnung).
  5. Schäfer, K. H., Melnau im Amt Wetter, in „Geschichte der Ortschaften im Amte Wetter vor dem 17. Jahrhundert“, Marburg 1929, S. 26 ff. (mit einer Zeichnung v. Otto Ubbelohde).
  6. Hampel, H., 700 Jahre Mellnau, in „Geschichtsbeilage der Marburger Presse“ 1950, Nr. 47.

Zur Einleitung

Die Burg Mellnau, nahe der Stadt Wetter auf einem Bergvorsprung des westlichen Burgwalds – zwischen dem Christenberg bei Münchhausen und der Stirnhelle bei Oberrosphe – gelegen, tritt nach jahrhundertelangem Schwei­gen seit längerer Zeit wieder in den Blickpunkt der Öffentlichkeit. Der alte Turm, weit über die Lande ragend, ruft die Fremden und besonders die Jugend, sich auf ihrer Höhe zu sammeln und in den nahen Wäldern des Burgwalds zu erholen, und Heimatfreunde graben in ihren Gewölben und in ihrer Vergan­genheit. Eine zusammenfassende Darstellung dieser ihrer ebenso bemerkens­werten wie bedeutenden Vergangenheit fehlt indessen bisher. Andererseits hat auch erst die Forschung der letzten Jahrzehnte mancherlei zutage gebracht, was den Verfassern früherer Darstellungen noch unbekannt blieb. Es erschien daher geboten, die Geschichte der Burg, die vor genau 700 Jahren – am 10. 9. 1263 – erstmals in einer schriftlichen Urkunde erwähnt wurde, neu zu schrei­ben.

Burg Mellnau - mainzisches Bollwerk

Zeichnung v. Otto Brinckmann, 1954

„Wer von Oberrosphe oder auch von Wetter her die Bergkuppe am Rande des Burgwaldes erklimmt, auf der Ruine und Bergfried der Burg Mellnau in das Tal der Wetschaft und weit hinüber nach Amöneburg schaut, der ist immer wieder betroffen von der trotzigen und drohenden Größe dieser einst so bedeutenden Burg .. 1530 war die Burg Mellnau wahrscheinlich schon nicht mehr bewohnt. Sie nahm im Laufe der Zeiten das Bild von Kraft und Größe mitten im Verfall an, das sie heute noch dem Wanderer bietet.“

(„tg“ in Hessenland-Beil. der Oberhessischen Presse 1954, F. 30).

I. Die Gründung der Burg (um 1250 n. Chr.)

II. Die ersten Jahrzehnte (um 1260-1300)

III. Das 14. Jahrhundert

IV. Das 15. Jahrhundert

V. Der Ausklang (16.-18. Jahrhundert)

VI. Und neues Leben blüht aus den Ruinen